Kästner

[731] Kästner, 1) Abraham Gotthelf, Mathematiker und Epigrammatiker, geb. 27. Sept. 1719 in Leipzig, gest. 20. Juni 1800 in Göttingen, widmete sich dem Studium der Rechte, daneben dem der Philosophie, Physik und Mathematik; außerdem wurde er durch Gottsched zur Beschäftigung mit der Dichtkunst angeregt. 1739 habilitierte er sich an der Universität zu Leipzig, hielt mathematische, philosophische, logische und juristische Vorlesungen, ward 1746 außerordentlicher Professor und zählte Lessing zu seinen Schülern. 1756 folgte er einem Ruf als ordentlicher Professor der Naturlehre und Geometrie nach Göttingen. Von seinen zahlreichen Schriften über Mathematik sind seine »Anfangsgründe der Mathematik« (Götting. 1758–1769, 4 Bde.; 6. Aufl. 1800) hervorzuheben. Seine »Geschichte der Mathematik« (Götting. 1796–1800, 4 Bde.) ist im einzelnen ein scharfsinniges Werk, doch fehlt ihr der umfassende Überblick der Gesamtheit der mathematischen Wissenschaften. Unter seinen belletristischen Schriften (»Vermischte Schriften«, Altenb. 1755 u. ö., 2 Bde.; »Gesammelte poetische und prosaische schönwissenschaftliche Werke«, Berl. 1841, 4 Bde., mit Lebensbeschreibung) wurden am bekanntesten die Sinngedichte, eine Gattung, die ihm als scharf beobachtendem [731] Verstandesmenschen besonders naheliegen mußte. Die meisten beziehen sich auf Tagesereignisse aus der literarischen und gelehrten Welt. Einige erschienen zuerst ohne seine Bewilligung 1781 in Gießen und zogen dem Verfasser durch ihren beißenden Witz und ihre scharfe Ironie auf verschiedene Persönlichkeiten viele Fehden zu. Eine Auswahl enthält Kürschners »Deutsche Nationalliteratur«, Bd. 73.

2) Daniel Viktor, siebenbürgisch-sächsischer Dialektdichter, geb. 30. Dez. 1826 zu Kerz in Siebenbürgen, gest. 29. Aug. 1857 in Hermannstadt, studierte in Hermannstadt und trat bei der k. k. Finanzlandesdirektion in den Staatsdienst. Er veröffentlichte: »Gedichte in siebenbürgisch-sächsischer Mundart«, mit hochdeutscher Übersetzung und einer Einleitung: »Über Volkssprache und Mundarten« (Hermannst. 1862; 2. Aufl. ohne die hochdeutsche Übersetzung und mit Biographie des Dichters von A. Schullerus, das. 1895), worin die Naivität und Gemütlichkeit der siebenbürgischen Sachsen mit vielem Glück zum Ausdruck kommt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 731-732.
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