Lacretelle

[23] Lacretelle (spr. lakr'täl'), Jean Charles Dominique de, genannt der Jüngere. ausgezeichneter franz. Geschichtschreiber, geb. 3. Sept. 1766 in Metz, gest. 26. März 1855 in Bel-Air bei Mâcon, kam beim Ausbruch der Revolution nach Paris, wo ihm durch Fürsprache seines Bruders mit Ducos die Redaktion des neugestifteten »Journal des Débats« übertragen wurde. 1795 stand er an der Spitze der gegen den Konvent auftretenden royalistischen Sektionen. Am 18. Fructidor 1797 ward er verhaftet und zwei Jahre gefangen gehalten. 1800 ward er zum Mitgliede des Bureaus der Presse, 1810 zum Zensor ernannt und 1811 Mitglied, 1816 Präsident der französischen Akademie. Seit 1809 war er auch Professor der Geschichte an der Pariser Universität. Ludwig XVIII. erhob ihn in den Adelstand. Seine Werke bilden eine ziemlich vollständige Geschichte Frankreichs, unter ihnen stehen obenan die »Histoire de France pendant les guerres de religion« (1814 bis 1816, 4 Bde.; 2. Aufl. 1822; deutsch von Kiesewetter, Leipz. 1815) und die »Histoire de France pendant le XVIIIe siècle« (1808, 6 Bde.; 5. Aufl. 1830; deutsch, Berl. 1810). Die »Histoire de la Révolution française jusqu'au 18 et 19 brumaire« (1821–26, 9 Bde.) ist eine Darstellung der Revolution im Sinne der Ultrareaktionäre; besser ist Lacretelles älteres Werk über denselben Gegenstand: »Précis de l'histoire de la Révolution française« (1801 bis 1806, 6 Bde.), das von Rabaud-Saint-Etienne begonnen und vom 2. Band an von L. fortgesetzt wurde. Ferner sind von seinen Werken zu nennen: »Histoire de France depuis la Restauration« (1829 bis 1835, 4 Bde.); »Histoire de l'Assemblée constituante« (1821; 2. Aufl. 1844, 2 Bde.); »Histoire du Consulat et de l'Empire« (1845–48, 6 Bde.). Interessant sind auch die Denkwürdigkeiten aus seinem Leben: »Dix années d'épreuves pendant la Révolution« (1842) und das »Testament philosophique et littéraire« (1840, 2 Bde.). – Sein Sohn Henri de L., geb. 21. Aug. 1815, gest. 1885, hat sich als Dichter und Schriftsteller (»Lamartine et ses amis«, 1878) bekannt gemacht; er war auch 1871–76 Mitglied der Nationalversammlung und seit 1876 Mitglied der Deputiertenkammer; ein andrer Sohn, Charles Nicolas de L., geb. 30. Okt. 1822, bis 1887 Divisionsgeneral, Verfasser eines Buches über Algerien, starb 14. Nov. 1891.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 23.
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