Saint-Etienne

[435] Saint-Etienne (spr. ßängt-etjänn'), Hauptstadt des franz. Depart. Loire, 523 m ü. M., am Furens (Zufluß der Loire), Knotenpunkt der Lyoner Bahn, eine der wichtigsten Industriestädte Frankreichs, im Mittelpunkt eines großen Kohlenbeckens gelegen, ist regelmäßig gebaut, besitzt aber nur wenige bemerkenswerte Gebäude, darunter die moderne Kirche Sainte-Marie im romanisch-byzantinischen Stil, das Stadthaus, die Präfektur, die Waffenfabrik und das Justizgebäude. Sie zählt (1901) 137,059 (als Gemeinde 1906: 146,788) Einw. (um 1800 erst 16,000). Das Kohlenbecken, deisen Mittelpunkt S. bildet, ist nächst dem von Valenciennes das reichste in Frankreich und liefert ausgezeichnete Steinkohle. Hieran reiht sich die metallurgische Industrie mit Eisenhüttenwerken, Fabrikation von Waffen, insbes. Schußwaffen (namentlich in der großen staatlichen Waffenfabrik mit 5000 Arbeitern), ferner von Panzerplatten, Maschinen, Schlosserwaren, Werkzeugen, Fahrrädern, Automobilen, Messerschmiedewaren, Feilen, Nägeln u.a. Von hoher Bedeutung ist außerdem die Fabrikation von Seidenbändern, Schnüren und Posamentierwaren (jährlich für 85–90 Mill. Fr.), von Kautschuk, Papier, Glas, Branntwein, Schokolade etc. sowie der Handel. S. ist Sitz des Präfekten, eines Gerichtshofs, eines Handelsgerichts und mehrerer Konsulate, hat ein reformiertes Konsistorium, ein Lyzeum, eine Bergschule (mit reicher Bibliothek), eine Lehrerinnenbildungsanstalt, ein Mädchenlyzeum, eine Zeichen-, eine Kunstgewerbe- und eine Webschule, ein Taubstummeninstitut, ein Museum (mit Waffen-, Gemälde-, kunstgewerblicher und naturhistorischer Sammlung), eine Bibliothek (45,000 Bände), ein Theater, einen Botanischen Garten, mehrere wissenschaftliche und gemeinnützige Gesellschaften, eine Ackerbau- und Handelskammer, eine Filiale der Bank von Frankreich und eine Arbeitsbörse. Eine Dampfstraßenbahn führt durch die Stadt nach St. Chamond und Firminy. S. ist Geburtsort des Literarhistorikers Fauriel. – S. ward schon im 10. Jahrh. gegründet und zweimal (1563 und 1570) von den Hugenotten erobert; die Minen sind nachweisbar schon im 11. Jahrh. bekannt gewesen und seit Anfang des 14. Jahrh. ausgebeutet worden. Vgl. Testenoir-Lafayette, Histoire de S. (Par. 1903).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 435.
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