Malebranche

[165] Malebranche (spr. mallbrāngsch'), Nicolas, franz. Philosoph, geb. 6. Aug. 1638 in Paris, gest. daselbst 13. Okt. 1715, studierte Philosophie in dem Collège de la Marche, Theologie in der Sorbonne und trat 1660 in die Kongregation des Oratoriums ein. Er gilt für den zweitgrößten Metaphysiker Frankreichs; 1699 wurde er Ehrenmitglied der Akademie der Wissenschaften. Eine Abhandlung des Cartesius, »De homine«, die ihm 1664 in die Hände fiel, veranlaßte ihn zu mehrjährigem Studium der Cartesianischen Prinzipien, als deren Frucht das durch Originalität und gewandte Darstellung ausgezeichnete Werk »De la recherche de la vérité« (Par. 1674, 3 Bde.; neue Ausgabe von Bouillier, 1880; daraus das 2. Buch: »Traité de l'imagination«, besonders, 1880; deutsch, Halle 1776–84, 4 Bde.) erschien. Bei aller analysierenden Schärfe des Denkens neigt er sich einer idealistischen Mystik zu. Wir erkennen nach ihm alles, sowohl das Wesen des Geistes als das der Dinge in der Ausdehnung, nur durch die davon in unsrer Seele ruhende Idee. Die Idee ist aber in Gott, und insofern schauen wir alle Dinge in Gott (visionen Dieu) als dem Urgrund alles Seins und Denkens. Mit diesen Ansichten bildet M. in der Geschichte der Philosophie den Übergang von Cartesius zu Spinoza, hebt aber selbst als Hauptunterschied zwischen seiner und Spinozas Philosophie hervor: Nach seiner sei das Universum in Gott, nach der Spinozas Gott im Universum. Von seinen sonstigen Schriften sind hervorzuheben: »Conversations chrétiennes« (Par. 1676); »Traité de la nature et de la grâce« (Amsterd. 1680); »Traité de la morale« (Rotterd. 1684; neue Ausg. von Joly, 1882; deutsch von Reidel, Heidelb. 1831); »Entretiens sur la métaphysique et la religion« (Rotterd. 1688, eine Zusammenfassung seiner Lehren); »Entretiens d'un philosophe chrétien et d'un philosophe chinois sur l'existence et la nature de Dieu« (Par. 1708). Seine »Œuvres« erschienen Paris 1712 in 11 Bänden; in neuer Ausgabe mit einer Einleitung von J. Simon, das. 1859–71, 4 Bde. Vgl. Blampignon, Étude sur M. (Par. 1861); Ollé-Laprune, La philosophie de M. (das. 1870, 2 Bde.); André, La vie du R. P. M. (Tours 1886); Farny, Étude sur la morale de M. (Chaux-de-Fonds 1886); Novaro, Die Philosophie des N. M. (Berl. 1893); Reiner, Malebranches Ethik in ihrer Abhängigkeit von seiner Erkenntnislehre und Metaphysik (das. 1896); H. Joly, M. (in dem Sammelwerk »Les grands Philosophes«, Par. 1901).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 165.
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