Obelisk

[857] Obelisk (griech.), eine aus einem Stein bestehende hohe, schlanke, abgestutzte, vierseitige, pyramidenförmige Denksäule, die oben meist in eine ganz niedrige Pyramide endigt. Der O. ist in Ägypten heimisch und ursprünglich eine dem Sonnengott geweihte Steinsäule; man stellte die Obelisken als glückbringende Zeichen paarweise vor dem Eingang der Häuser auf und zu gleichem Zweck auch in dem Grabe vor der Scheintür, dem in die Unterwelt führenden Portal. Bei der festlichen Gelegenheit des Regierungsjubiläums eines Herrschers wurden Obelisken in größerm Maßstab in der 5. Dynastie errichtet und bei dem gleichen Anlaß wohl seit dem mittlern Reiche paarweise vor den Tempeltoren aufgestellt. Diese letztern waren gewöhnlich aus Granit und aus einem Block gearbeitet. Der älteste der in Ägypten heute noch vorhandenen Tempelobelisken in Heliopolis ist 20,27 m hoch und stammt von Senwosnet (Sesostris) II., zweitem König der 12. Dynastie. Der bekannteste, die sogen. Nadel der Kleopatra, 21,6 m hoch, von Thutmosis III. in Heliopolis errichtet und unter Tiberius nach Alexandria gebracht, wurde 1880 nach New York fortgeführt. Sein fast 22 m langes, unten 2,2 m breites, 3600 Ztr. schweres Seitenstück lag lange umgestürzt zu Boden und wurde von Mehemed Ali den Engländern geschenkt, die es mittels eines eigens konstruierten eisernen Transportschiffs 1877 nach London brachten und dort in der Nähe der Waterloobrücke[857] ausrichteten. Zahlreiche Obelisken wurden von den Römern nach Rom gebracht und an verschiedenen Orten aufgestellt; am Ende des 4. Jahrh. zählte man dort nicht weniger als 6 große und 42 kleinere Obelisken. In den Zeiten der Barbarei wurden sie umgeworfen, aber später von den Päpsten an andern Stellen wieder ausgerichtet. Der auf der Place de la Concorde in Paris stehende O. wurde von Mehemed Ali den Franzosen geschenkt und 1831 daselbst aufgestellt. Später wurde die Form der ägyptischen Obelisken nicht selten zu Grab- und Denkmälern verwendet. Vgl. Zoëga, De origine et usu obeliscorum (Rom 1797); L'hote, Notice historique sur les obélisques (Par. 1836); Gorringe, Egyptian obelisks (Lond. 1885); Marucchi, Gli obelischi egiziani di Roma (Rom 1898).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 857-858.
Lizenz:
Faksimiles:
857 | 858
Kategorien: