Promētheus

[380] Promētheus, im griech. Mythus Sohn des Titanen Japetos und der Klymene, Bruder des Epimetheus (s. d.), Vater des Deukalion (s. d.), entwandte das den Menschen vorenthaltene Feuer vom Blitze des Zeus und brachte es in einer hohlen Staude (Narthex) auf die Erde. Zur Strafe fesselte Zeus P. an einen Felsen und sandte einen Adler, der ihm täglich die Leber zerfleischte, die nachts immer wieder nachwuchs. Herakles erlegte endlich den Adler mit Willen des Zeus und befreite P. In Äschylos' großartiger Trilogie ist P. Sohn der Themis und Berater des Zeus im Kampf gegen die Titanen. Als aber Zeus, zur Herrschaft gelangt, das Menschengeschlecht vertilgen will, um ein neues zu schaffen, entreißt P. die Menschen dem Verderben und schenkt ihnen das dem Hephästos entwandte Feuer. Dafür auf Zeus' Befehl durch Hephästos in Skythien an einen Felsen geschmiedet, wird er auf die Weigerung, eine dem Zeus wichtige Weissagung kundzugeben, durch den Blitz des Zeus samt dem Felsen in den Tartaros gestürzt. Erst nach Jahrtausenden auf die Oberwelt zurückversetzt und an den Kaukasus geschmiedet, soll er so lange von dem Adler gepeinigt werden, bis ein anderer Unsterblicher freiwillig für ihn in den Hades geht. Als solcher findet sich endlich der Kentaur Cheiron (s. d.). Nach seiner Erlösung kehrt P. in den Olymp zurück und wird wieder Berater und Prophet der Götter. Die Sage macht P. auch zum Künstler, der Menschen und Tiere aus Ton bildet und sie entweder selbst mit dem Feuer beseelt, oder durch Zeus oder Athene ihnen Atem einhauchen läßt. In Athen hatte P. einen Altar gemeinsam mit Hephästos und ein mit Fackelwettlauf verbundenes Fest, die Prometheen. Von neuern Bearbeitungen des Mythus nennen wir die Fragmen le einer Tragödie von Goethe, die Szenen: »Der entfesselte P.« von Herder und »P. unbound« von Shelley. Plastisch wurde die Sage in der antiken Kunst besonders zu allegorischen Darstellungen des Menschenlebens an Sarkophagen verwendet. Ein schönes Relief, P. den Menschen bildend, den Athene durch den Schmetterling beseelt, findet sich im Louvre. Von neuern Kunstwerken ist die Gruppe des P. und der ihm gegen den Adler zu Hilfe kommenden Okeaniden von Ed. Müller in der Berliner Nationalgalerie zu erwähnen. Vgl. Kuhn, Die Herabkunft des Feuers und des Göttertranks (2. Abdr., Gütersl. 1886); Holle, Die Prometheussage (Berl. 1879).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 380.
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