Prometheus (Mythologie)

[296] Prometheus (Mythologie). In der schönen Mythe von P. offenbart sich der schaffende Strahl des Göttlichen in der Menschenseele. Ein Titanensohn, den Göttern befreundet, ihres Umgangs gewürdigt, hoher Gaben voll, stark und weise, schuf er aus irdischem Stoff Gestalten, die in ihrer äußeren Erscheinung den Göttern ähnelten, aber nur aus Thon, und unbelebt, Menschen, für welche Minerva selbst dem kühnen Bildner eine Schale begeisternden Nektars reichte, die sie mit Kunsttrieb erfüllte, und von deren abrinnenden Tropfen Bienen, Spinnen und der Seidenwurm nippten, damit sie ebenfalls künstliche Gewebe und Baue hervorbrächten. Aber Zeus wollte[296] die Geschöpfe des P. nicht beleben, denn er zürnte ihm, weil er einst den allsehenden Gott getäuscht. Da stahl P. das himmlische Feuer, hauchte es seinen Gebilden ein und sie lebten und webten. Aber der Frevel wurde hart bestraft. Vulkan mußte auf Befehl des Zeus P. an den Kaukasus schmieden, und Zeus Adler flog täglich zu dem wehrlos Gefesselten, und hackte ihm die Leber aus, die jede Nacht wieder wuchs. Wie ergreifend stellt hier die Mythe die Qual eines in seinen schönsten Entwürfen und Bestrebungen gehemmten Geistes dar! Endlich wurde P. durch Herkules befreit, der den Adler erlegte und die Fesseln löste. P. vermählte sich mit Asia, und wurde der Vater des Deukalion.

–ch–

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 8. [o.O.] 1837, S. 296-297.
Lizenz:
Faksimiles:
296 | 297
Kategorien: