Herakles

[184] Herakles (bei den Römern Hercules), Nationalheros der Griechen, dessen ursprünglicher Sagenkreis durch Verschmelzung mit ähnlichen Helden auch fremder Völker sich allmählich so erweiterte, daß er sich fast über die ganze Alte Welt erstreckte. H. war der in Theben geborne Sohn des Zeus und der Gattin des Königs Amphitryon (s. d.), Alkmene, aus dem Geschlecht des Perseus. Als Alkmenes Niederkunft bevorstand, verkündigte Zeus den Göttern, daß der Abkömmling des Perseus, der heute das Licht erblicken werde, über die andern Perseïden Herr sein solle. Die eifersüchtige Hera ließ sich das Wort durch einen Eid bekräftigen und verzögerte mit Hilfe der Geburtsgöttin Eileithyia Alkmenes Niederkunft um sieben Tage, während sie die der Gemahlin des Sthenelos beschleunigte, wodurch deren an jenem Tage geborne Sohn Eurystheus die Oberherrschaft über H. erhielt. In ihrem Haß, der H. sein ganzes Leben über verfolgen sollte, sendet Hera, als H. und sein Zwillingsbruder Iphikles, Amphitruos Sohn, geboren sind, zwei Schlangen, um die Kinder zu verderben; H. aber faßt und erdrosselt sie. Er wird in allen Heldenkünsten unterrichtet; als er aber seinen Lehrer in der Musik mit der Laute Linos wegen einer Züchtigung erschlägt, sendet ihn Amphitryon aus Furcht vor seiner unbändigen Kraft ins Kithärongebirge zu den Herden. In diese Zeit verlegte der Sophist Prodikos seine Fabel von H. am Scheideweg. Zwei Frauen treten zu dem einsam sinnenden Jüngling: die Lust und die Tugend; jene verspricht ihm ein genußreiches, diese ein mühevolles, aber ruhmvolles Leben; H. wählte den Weg der Tugend. Nachdem er einen im Kithäron hausenden gewaltigen Löwen erlegt, erhielt er, nach Theben zurückgekehrt, zum Lohne für die Befreiung der Stadt von dem Tribut an den orchomenischen König Erginos (s. d.) von König Kreon dessen Tochter Megara zur Gattin, mit der er drei Söhne zeugte. Darauf rief Eurystheus ihn in seinen Dienst. Zeus hatte nämlich dessen Oberherrschaft dahin gemildert, daß H. zwölf Arbeiten, die ihm Eurystheus auferlegen würde, verrichten, durch deren Vollendung aber die Freiheit und zugleich die Unsterblichkeit erringen solle. Als ihm das delphische Orakel befahl, dem Ruf zu folgen, verfiel H. in Raserei, in der er seine mit Megara erzeugten drei Kinder tötete. Jenes Orakel soll ihn zuerst H. genannt haben, als den Helden, der durch Heras Verfolgungen Ruhm erlange, während er bisher Alkäos oder der Alkide (d. h. Abkömmling des Alkeus, des Vaters des Amphitryon) hieß. Von der Raserei geheilt, tritt er bei Eurystheus den Dienst an. Wie die Reihenfolge der Arbeiten wird auch die Zahl verschieden angegeben; die übliche Zwölfzahl scheint nicht ohne Einfluß des Kultus des phönikischen Melkart, der die feindlichen Zeichen des Tierkreises zu überwinden hat, entstanden zu sein. Ihre Zusammensetzung und Reihenfolge wird verschieden angegeben.

Die erste Arbeit ist der Kampf mit dem nemeīschen Löwen, einem von Typhon mit Echidna erzeugten unverwundbaren Ungeheuer, das am Wege von Kleonä nach Nemea im Peloponnes hauste. H. trieb ihn in seine Höhle und erwürgte ihn mit den Armen. Die neunköpfige lernäische Schlange (Hydra), gleichfalls von Typhon und Echidna erzeugt, die im Sumpf von Lerna bei Argos hauste, scheuchte H. durch brennende Pfeile aus ihrem Schlupfwinkel und schlug ihr die Köpfe ab. Aber statt eines abgeschlagenen wuchsen stets zwei neue hervor, bis sein Wagenlenker Iolaos (s. d.) die Wunden mit glühenden Baumstämmen ausbrannte. Den mittelsten unsterblichen Kopf vergrub er unter einem schweren Felsstück. Mit der Galle der Hydra bestrich er seine Pfeile, die dadurch tödlich wurden. Den erymanthischen Eber im arkadischen Erymanthosgebirge, den H. lebendig bringen sollte, trieb er in tiefen Schnee und sing ihn mit einer Schlinge. Vor dem Untier erschrak Eurystheus so, daß er sich in ein Faß flüchtete. Über den Kampf, den H. auf diesem Zug mit den Kentauren zu bestehen hatte, s. Pholos. Die kerynitische Hindin auf dem Berge Keryneia (zwischen Arkadien und Achaia), nach andern auf dem Mänalos in Arkadien (daher auch mänalische Hindin), mit goldenem Geweih und ehernen Füßen, der Artemis von der Nymphe Taygete geweiht, verfolgte H., der sie lebendig bringen sollte, ein Jahr lang bis zu den Hyperboreern an den Quellen des Istros, bis er sie am Fluß Ladon in Arkadien in den Fuß schoß. Die Stymphaliden, menschenfressende Vögel am See Stymphalos in Arkadien, mit ehernen Krallen, Flügeln, Schnäbeln und Federn, die sie wie Pfeile abschossen, scheuchte H. mit einer von Athene erhaltenen ehernen Klapper aus dem undurchdringlichen Wald auf, so daß er sie mit seinen Pfeilen erlegen konnte. Den Gürtel der Amazonenkönigin Hippolyte (s. d.) sollte H. für Admete, Eurystheus' Tochter, holen. Hippolyte ist bereit, den Gürtel freiwillig herzugeben; aber Hera stiftet durch das Gerücht, die Königin solle geraubt werden, einen Kampf an, in dem H. die Königin und viele Amazonen tötet. Auf der Heimkehr rettete H. in Troja die Hesione vor einem Meerungeheuer; von dem Vater Laomedon (s. d.) um den bedungenen Lohn betrogen, kündigt er ihm künftige Rache an. Die Reinigung des mit dem Unrat von 3000 Rindern angefüllten Stalles des Augeias an Einem Tag vollbrachte H. mit Hilfe des Flusses Alpheios; s. Augeias. Den kretischen Stier, den Poseidon Minos geschenkt, aber zur Strafe für dessen Ungehorsam rasend gemacht hatte, und der die Insel weit und breit verwüstete, sing H. lebendig, ließ sich von ihm durch das Meer tragen und brachte ihn auf seinen Schultern nach Mykenä. Das von H. freigelassene Tier taucht später in der Theseussage als marathonischer Stier wieder auf. Die Stuten des Diomedes, Königs der Bistonen in Thrakien, die mit dem Fleisch das Land betretender Fremden gefüttert wurden, bändigte H. und brachte sie gleichfalls lebendig nach Mykenä, nachdem er ihnen Diomedes selbst vorgeworfen. Auf dem Zuge nach den Rindern des Geryones, die auf der Insel Eurytheia im Ozean vom Riesen Eurytion und dem zweiköpfigen Hund Orthros bewacht wurden (s. Geryon), errichtete er an der Grenze von Libyen und Europa als Markzeichen seiner Fahrt zwei Säulen (s. Säulen des Herakles). Als ihn hier der nahe Helios zu sehr brannte, spannte[184] er den Bogen gegen ihn, und Helios lieh ihm den goldenen Sonnenkahn, auf dem er zu der Insel fuhr. Nach Erlegung des Wächters und des Geryones zieht er mit der Herde durch Spanien, Gallien, Italien, Sizilien unter steten Abenteuern (s. Cacus, Eryx) zu Eurystheus zurück, der die Rinder der Hera opferte. Darauf beauftragt, drei der goldenen Äpfel der Hesperiden (s. d.) zu bringen, beschlich H. auf den Rat der Nymphen am Eridanos (Po) den allwissenden Seegott Nereus und zwang ihn zur Auskunft über den Weg zu den Hesperiden, um dann Libyen, wo er Antäos (s. d.), Ägypten, wo er Busiris (s. d.) erlegte, Äthiopien, Asien, wo er am Kaukasus Prometheus (s. d.) befreite, zu durchziehen, und gelangte endlich durch das Land der Hyperboreer zu Atlas (s. d., S. 49). Auf Prometheus ' Rat schickte er Atlas nach den Äpfeln und trug für diesen unterdes den Himmel. Zurückgekehrt, will Atlas die Last nicht wieder auf sich nehmen und die Apfel selbst zu Eurystheus bringen, läßt sich aber durch H.' Bitte, ihn nur so lange abzulösen, bis er sich ein Polster für seinen Nacken zurecht gemacht, überlisten, und H. enteilt mit den Äpfeln. Eurystheus schenkte sie ihm; er aber weihte sie Athene, die sie an ihren Ort zurückbrachte. Die schwierigste aller Aufgaben war das Herauf holen der Kerberos (s. d.) aus der Unterwelt. Beim Vorgebirge Tänaron in Lakonien stieg H., begleitet von Hermes und Athene, zur Unterwelt hinab, befreit Theseus (s. d.) und erwirkt von Pluton die Erlaubnis, den Hund zur Oberwelt zu bringen, wenn er ihn ohne Waffen bezwinge. Er bändigt ihn mit den Fäusten, führt ihn zu Eurystheus und bringt ihn dann wieder in den Hades zurück. So der Dienstbarkeit ledig, vermählte H. in Theben seine Gattin Megara mit Iolaos und bat König Eurytos von Öchalia um seine Tochter Jole zur Ehe. Schnöde zurückgewiesen und hinterher des Raubes der Herden des Eurytos beschuldigt, fordert ihn dessen Sohn Iphitos, sein Freund, auf, dieselben suchen zu helfen. H. verstand sich dazu, stürzte ihn aber in einem Anfall von Wahnsinn von der Mauer in Tiryns. Wegen des Mordes in schwere Krankheit verfallen, suchte er Heilung beim Orakel zu Delphi. Von Apollon abgewiesen, will H. ihm den Dreifuß rauben und gerät mit ihm in Kampf, den Zeus mit dem Blitzstrahl trennt. H. erhielt nun das Orakel, er müsse sich auf drei Jahre verkaufen lassen und den Preis dem Eurytos als Sühne geben. Von Hermes an Omphale (s. d.), Königin in Lydien, verkauft, spann er in Weiberkleidern Wolle, während die Königin sich mit Löwenhaut und Keule schmückte. Nach Ablauf der Zeit zieht er, um an Laomedon (s. oben) Rache zu nehmen, vor Troja, erobert es und tötet Laomedon samt allen seinen Söhnen, Priamos (s. d.) ausgenommen, mit seinen Pfeilen. Auf der Heimkehr von Hera mit Sturm heimgesucht und nach Kos verschlagen, besteht er mit Eurypylos, dem Sohne Poseidons, und seinen Söhnen einen schweren, doch siegreichen Kampf. Darauf von Athene gerufen, steht er den Göttern in der Gigantenschlacht bei, die ohne seine Hilfe nicht beendigt werden konnte. Nach dem Peloponnes zurückgekehrt, nimmt er an dem wortbrüchigen Augeias Rache, nach dessen Besiegung er die Olympischen Spiele einsetzte, und an Neleus von Pylos, der ihm die Reinigung von dem Morde des Iphitos verweigert hatte; im Kampf mit den Pyliern verwundete er Hades, ihren Helfer. Im Bunde mit Kepheus von Tegea, von dessen Schwester Auge er Vater des Telephos (s. d.) ist, vernichtet er Hippokoon von Sparta mit seinen vielen Söhnen aus Nache für Ermordung des ihm verwandten Knaben Öōnos. Bei der Bewerbung um Deïaneira, Tochter des Öneus von Kalydon, bewältigt er seinen Nebenbuhler, den Flußgott Acheloos (s. d.). Als er auf der Reise zu seinem Gastfreund Keyx von Trachis am Fluß Euenos den Kentauren Nessos, der Deïaneira Gewalt antun wollte, mit seinen Pfeilen erlegt, gibt dieser sterbend Deïaneira von seinem geronnenen Blut als Mittel, sich die Liebe ihres Gatten zu sichern. Von Trachis aus unternimmt H. den Zweikampf mit Kyknos (s. d.), dem Sohn des Ares, von dem Dorerfürsten Ägimios zur Hilfe gerufen, den Krieg gegen die Lapithen und -Dryoper und den Rachezug gegen Eurytos von Öchalia. Er erlegt diesen und führt die ihm früher verweigerte Jole gefangen mit sich fort. Zu dem Opfer, das er auf dem Vorgebirge Euböas, Kenäon, dem Zeus bringen will, sendet ihm die auf Jole eifersüchtige Deïaneira durch Lichas (s. d.) ein mit dem vergifteten Blute des Nessos gefärbtes Gewand. Kaum ist es auf der Haut des H. warm geworden, so fängt das Gift an, seinen Körper zu zerfressen. In rasendem Schmerz schleudert er Lichas ins Meer und läßt sich dann auf den Gipfel des Öta bringen und dort einen riesigen Scheiterhaufen errichten, den er nach Vermählung der Jole mit seinem Sohne Hyllos besteigt. Durch das Geschenk seines Bogens und der giftigen Pfeile bestimmt er den Hirten Poias oder dessen Sohn Philoktetes, den Holzstoß anzuzünden. Kaum lodert die Flamme empor, so führt eine Wolke den Helden zum Olymp empor, wo er, unter die Unsterblichen aufgenommen und mit Hera ausgesöhnt, als Gatte der ewig jungen Hebe fortan lebt.

Der Kult des H. schwankt zwischen dem eines Heros und dem eines Gottes. Gleich nach seinem Hinscheiden wurde ihm nach der Sage von seinen Freunden auf der Brandstätte als Heros geopfert, worin allmählich das gesamte Hellenenvolk folgte. Als Gott soll ihm zuerst der Athener Diōmos, nach dem das in Attika unter Scherzen und Späßen dem H. gefeierte Fest Diomeia hieß, geopfert und ihm zu Ehren das Gymnasium Kynosarges gegründet haben. H.-Feste (Herakleen) mit Kampfspielen wurden an vielen Orten begangen. Seine Hauptbedeutung hatte er für die Hellenen als sittliches Ideal, als Vorbild unverwüstlicher Kraft oder unerschütterlichen Mutes, als Muster alles Heldentums, nicht bloß des kämpfenden, sondern auch sich demütigenden Helden, der sich den göttlichen Geboten unterwirft, für seine Schuld büßt und diese dadurch sühnt. Insbesondere war H. als Kämpfer Vorsteher der Gymnasien und Palästren (Enagonios), wie er auch als Gründer und Ordner der Kampfspiele in Olympia (s. d.) und erster Sieger in diesen galt. Den Helfer von Göttern und Menschen rief man in allen Nöten als Unheilabwehrer (Alexikakos) und Retter (Sōtēr) an, und der Durchwanderer der Welt galt als Geleitsgott (Hegemonios) auf Reisen zu Wasser und zu Lande. Als ruhmvollen Sieger (Kallinikos) dachte man ihn sich besonders bei Mahl, Wein und Musik von der Mühsal sich erholend; in Rom brachte man ihn, der sich und andre mit Saitenspiel ergötzte, sogar mit den Musen in Verbindung. Als Liebhaber der nach der Arbeit erquickenden warmen Bäder waren ihm diese heilig. Ferner waren ihm heilig der wilde Ölbaum und die Silberpappel, die er zuerst aus der Ferne nach Olympia gebracht haben sollte. – Von den griechischen Kolonien in Italien aus bürgerte sich der Kult des Herkules (Umformung von H.) schon früh bei den italischen Völkerschaften ein, so auch in Rom, wo er eine der populärsten Gottheiten war und[185] unter verschiedenen Beinamen (victor, invictus, custos, defensor) zahlreiche Heiligtümer hatte. Das älteste war die der Sage nach von ihm selbst nach dem Kampfe mit Carus (s. oben) oder von Evander (s. d.) begründete Ara maxima am Forum boarium, wo ihm bis in späte Zeiten von Staats wegen ein Jahresopfer dargebracht wurde. Dort weihte man ihm auch als Beschützer des Verkehrs, besonders des Handels und des damit verbundenen Gewinnes, den Zehnten (decuma) des Gewinnes und der Kriegsbeute und veranstaltete davon Volksbewirtungen. Allgemein galt er im täglichen Leben als Schwurgott. Auch als Schützer des Hauses (domesticus) wurde er verehrt, besonders auf dem Lande, mit Silvanus zusammen. Die Sage machte ihn zum Vater des Königs Latinus von der Tochter des Faunus, und das Geschlecht der Fabier verehrte ihn als Ahnen.

Fig. 1. Herakles Farnese (Neapel).
Fig. 1. Herakles Farnese (Neapel).

Griechen und Römer übertrugen den Namen ihres Gottes auf ähnliche Gestalten, auf die sie bei andern Völkern trafen. So fanden die Griechen ihren H. in dem ägyptischen Som oder Dsom, dem Sohn des Ammon, wieder, der auch die Erde weit und breit durchwandert und von Ungeheuern gereinigt haben sollte, sowie in dem tyrischen oder phönikischen Melkart (s. d.). Auch von einem indischen H., d. h. von einem H., der bis nach Indien vorgedrungen sei, sprach man, und von einem persischen, dem Sam Dew (»Dämon Sam«) der Zendbücher, einem Kämpfer im Reiche des Lichtes und der Gerechtigkeit, der große Ähnlichkeit mit dem griechischen H. zeigt. Wenn die Römer bei den Germanen den Herkules wiederzufinden glaubten, so ist darunter wahrscheinlich Donar zu verstehen, wie auch unter dem genannten Hercules Saxanus, in römischen Inschriften, die im Brohltal bei Andernach gefunden sind, dem Schützer der Arbeiten in den Steinbrüchen. Auch einen keltischen oder gallischen H. gab es, nach Lukian Ogmios genannt, als Greis mit Löwenfell, Keule, Bogen und Köcher dargestellt (vgl. Flouest in der »Revue archéologique«, 1888, S. 273 f.).

Dargestellt wird H. als Ideal der Manneskraft, mit gedrungener muskulöser Gliederfülle, kurzem, krausem Haupt- und Barthaar (bisweilen auch unbärtig), kurznackigem Hals, verhältnismäßig kleinem Kopf mit niedriger Stirn und ruhigen, oft Ermüdung zeigenden Mienen und Gebärden. Selten fehlen dem übrigens Nackten Löwenhaut und Keule, oft sind auch Köcher und Bogen beigegeben. Dieser Typus ist vornehmlich durch Myron und Lysippos entwickelt worden. Von letzterm war am berühmtesten der Erzkoloß des »trauernden H.« in Tarent, von den Römern auf das Kapitol, von Kaiser Konstantin nach Konstantinopel gebracht, wo er im lateinischen Kreuzzug 1202 eingeschmolzen wurde.

Fig. 2. Torso des Herakles (Rom, Vatikan).
Fig. 2. Torso des Herakles (Rom, Vatikan).

Unter den erhaltenen Statuen ist die erste der sogen. Farnesische H. zu Neapel (Fig. 1), ein Kolossalbild des ausruhenden Helden, von dem Athener Glykon, wohl nach einem Werk von Lysipp. Künstlerisch noch bedeutender ist der berühmte Torso des sitzenden H. im Belvedere des Vatikans (Fig. 2) von dem Athener Apollonios (jedoch nach Sauer, »Der Torso des Belvedere«, Gießen 1893, ein Polyphem). Am liebsten stellte man H. tätig dar. Zahlreiche Darstellungen dieser Art haben sich in Statuen, Reliefs, besonders aber auf Vasengemälden erhalten. Wir erwähnen H. mit der Hydra (Statue des Museums auf dem Kapitol), die Metopenreliefs am Theseion zu Athen und am Zeustempel zu Olympia, die Farnesische Marmorgruppe H. und Omphale zu Neapel u. a. Vgl. auch Tafel »Münzen I«, Fig. 7 u. 9, und Tafel »Bildhauerkunst IV«, Fig. 4. Als Gott des Gedeihens und Segens wurde er auch mit Füllhorn gebildet (vgl. Hartwig, H. mit dem Füllhorn, Leipz. 1883). Vgl. O. Müller, Die Dorier, Bd. 2, S. 493 ff.; v. Wilamowitz-Möllendorff, Euripides' H., Bd. 1 (Berl. 1889); Furtwängler u. R. Peter in Roschers »Lexikon der griechischen und römischen Mythologie«, Bd. 1, Sp. 2135 ff., 2253 ff., 2901 ff.; Dettmer, De Hercule Attico (Bonn 1869); J. Schneider, Die zwölf Kämpfe des H. in der ältern griechischen Kunst (Meiß. 1888); Fahlnberg, De Hercule tragico Graecorum (Leipz. 1892); Hillen, De Herculis Romani fabula et cultu (Münst. 1856).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 184-186.
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