Rhapsōden

[860] Rhapsōden, bei den Griechen diejenigen, die eigne wie fremde Dichtungen öffentlich vortrugen. Der Vortrag war ursprünglich gesangartig unter Begleitung auf der Kithara; später kam diese in Wegfall, und auch der Vortrag gestaltete sich allmählich zur einfachen Deklamation, bei welcher der Rhapsode einen Stab in der Hand hielt. Gegenstand des Vortrags waren vorzugsweise epische Dichtungen, vor allen die Homers, die ihre Verbreitung in erster Reihe den R. verdankten, die, von Ort zu Ort ziehend, sich an Fürstenhöfen und vor Festversammlungen hören ließen; besondere Gelegenheit, ihre Kunst im Wettkampf um ausgesetzte Preise zu zeigen, boten die mancherorten, wie in Athen an den Panathenäen, angeordneten öffentlichen Vorträge der Homerischen Gesänge. R., die speziell diese vortrugen, hießen Homeriden oder Homeristen. Allmählich sank ihr ursprüngliches Ansehen, als die meisten ihre Kunst handwerksmäßig übten; doch bestanden die Wettkämpfe weit über die klassische Zeit hinaus, und auch bei Mahlen und andern Anlässen zog man R. noch lange hinzu. In neuerer Zeit ist der Ausdruck auf die modernen Pfleger der Rezitationskunst, wie Jordan, Türschmann u. a., angewendet worden. Vgl. Jordan, Das Kunstgesetz Homers und die Rhapsodik (Frankf. 1869).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 860.
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