Schiedsmann

[752] Schiedsmann (Friedensrichter), die zur Herbeiführung und protokollarischen Aufnahme von Vergleichen, die unter streitenden Teilen vereinbart werden, besonders eingesetzte Behörde. In Preußen besteht diese Einrichtung schon seit 1827 und ist durch die Schiedsmannsordnung vom 29. März 1879 mit einer Reihe von Ausführungsverfügungen auf die ganze Monarchie ausgedehnt worden. Nach der preußischen Schiedsmannsordnung ist dem S außer der gütlichen Beilegung von Beleidigungen und Körperverletzungen auch die gütliche Schlichtung bürgerlicher Rechtsstreitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche übertragen, soweit solche von den Parteien beantragt werden. Der S. wird für die betreffende Gemeinde auf drei Jahre gewählt, ebenso sein Stellvertreter. Größere Gemeinden sind in Bezirke geteilt, kleinere zu solchen vereinigt. Die Wahl steht in diesem letztern Fall der Kreis-, sonst der Gemeindevertretung zu. Das Amt ist ein Ehrenamt. Zur Ablehnung berechtigen das Alter von 60 Jahren, Krankheit, Abwesenheit, Verwaltung eines unmittelbaren Staatsamtes, Verwaltung des Schiedsmannsamtes während der letzten drei Jahre und sonstige Billigkeitsgründe. Unbefugte Ablehnung kann den zeitweiligen Verlust des Gemeinderechts und eine stärkere Heranziehung zu den Gemeindelasten nach sich ziehen. Zur Wählbarkeit ist ein Alter von 30 Jahren, Wohnsitz im Bezirk, Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte und Dispositionsfähigkeit erforderlich. Aus den vor dem S. aufgenommenen Vergleichen findet die gerichtliche Zwangsvollstreckung statt (Artikel 3 des preußischen Ausführungsgesetzes zur Zivilprozeßnovelle vom 22. Sept. 1899). Das Wirken des Schiedsmanns ist zweifelsohne ein sehr ersprießliches; es würde aber noch segensreicher sein, wenn die Parteien vor dem S. erscheinen müßten. Schiedsmänner bei Viehseuchen sind in Preußen amtliche Sachverständige, die gemeinsam mit dem Amtstierarzt den Wert der infolge polizeilicher Anordnung bei Viehseuchen getöteten oder später gefallenen Tiere zu bestimmen haben. Die Verhandlungen sind sportel- und stempelfrei. Vgl. die Kommentare zur preußischen Schiedsmannsordnung von Florschütz (13. Aufl., Berl. 1904), Halle (2. Aufl., das. 1903); Christiani, Wie hat der S. sein Amt zu führen? (3. Aufl., das. 1906); Kurtz, Leitfaden für preußische Schiedsmänner (das. 1907).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 752.
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