Ausführungsgesetze

[137] Ausführungsgesetze. Alle deutschen Staaten haben zum Bürgerlichen Gesetzbuch und dessen Nebengesetzen A. erlassen. Dieselben treffen insbes. über diejenigen Gegenstände Vorschriften, die das Bürgerliche Gesetzbuch oder dessen Einführungsgesetz dem Landesrecht vorbehält. Sie haben, wenigstens z. T., auch hinsichtlich dieser Gegenstände für das einzelne Staatsgebiet Rechtseinheit geschaffen, d. h. die bis dahin etwa vorhandenen, nach Landesteilen verschiedenen Gesetze beseitigt. So hat z. B. Bayern (nicht Preußen) alle bisherigen Gesindeordnungen beseitigt und ein einheitliches Gefinderecht für ganz Bayern geschaffen. Auf diese Weise sind die A. zum Bürgerlichen Gesetzbuch mehr, als ihr Name sagt. Sie enthalten nicht bloß die Ausführung des Reichsgesetzes erleichternde Vorschriften, sondern sie regeln auch das vom Reichsrecht unabhängige Landeszivilrecht. Außerdem treffen sie meistens Vorschriften über das Ehegüterrecht (s. d.) der zu Neujahr 1900 bestehenden Ehen. Die preußischen A. sind folgende: 1) Ausführungsgesetz zum Bürgerl. Gesetzbuch vom 20. Sept. 1899; 2) Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit vom 21. Sept. 1899; 3) Ausführungsgesetz zum Reichsgesetz vom 17. Mai 1898, betreffend Änderungen der Zivilprozeßordnung, vom 22. Sept. 1899 (s. Reichsjustizgesetze); 4) Ausführungsgesetz zum Reichsgesetz über Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung vom 23. Sept. 1899; 5) Ausführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch vom 24. Sept. 1899; 6) Ausführungsgesetz zur Grundbuchordnung vom 26. Sept. 1899; 7) Gesetz, enthaltend die landesgesetzlichen Vorschriften über die Gebühren der Rechtsanwalte und der Gerichtsvollzieher. Die bayrischen A. sind: 1) Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch; 2 [137] Gesetz, Übergangsvorschriften zum Bürgerlichen Gesetzbuch betreffend; 3) Ausführungsgesetz zur Grundbuchordnung und zum Gesetz über Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung; 4) Notariatsgesetz, alle vom 9. Juni 1899. – Das preußische Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch enthält Bestimmungen über folgende Gegenstände: Stiftung (insbes. Familienstiftung), Anfall des Vermögens eines Vereins oder einer Stiftung, Erwerbsbeschränkungen für juristische Personen, Verjährung gewisser Ansprüche, gesetzliche Zinsen, Zahlungen aus öffentlichen Kassen, Rentengutsrecht, Handelsmakler, (z. T.) Gesinderecht, Leibgedingsvertrag, Staatsschuldbuch, Schuldverschreibungen auf den Inhaber, Unschädlichkeitszeugnis, Landeskulturrenten, die der Eintragung in das Grundbuch nicht bedürfenden Rechte, Nachbarrecht, Form der Auslassung, Bergrecht, Pfandleihgewerbe, Eheschließung, Güterstand bestehender Ehen, Familiennamen, elterliche Gewalt, Anerkennung der Vaterschaft, Anlegung von Mündelgeld, Gemeindewaisenrat, Verwahrung von Testamenten und Erbverträgen, Feststellung des Ertragswertes eines Landgutes, Hinterlegung, Gerichtskosten. Vgl. Becher, Die A. zum Bürgerlichen Gesetzbuch und seinen Nebengesetzen (Münch. 1899–1901).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 137-138.
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