Trunkenheit

[758] Trunkenheit, im allgemeinen der durch den Genuß betäubender Stoffe, z. B. Alkohol, Opium, Haschisch, Kumys und andrer gegorner Getränke, auf den Organismus hervorgebrachte abnorme Zustand der Gehirntätigkeit etc. Für gewöhnlich wird die T. erzeugt durch alkoholhaltige (spirituöse, geistige) Getränke. Der erste Grad der T., der Rausch, gibt sich anfangs in einer scheinbaren Steigerung des ganzen Lebensprozesses kund, die sich besonders als eine höhere gemütliche Anregung im Gemeingefühl durch Heiterkeit und Wohlbehagen, raschern Puls, gerötetes Gesicht, glänzende Augen, lebhafte, wechselnde Vorstellungen und leicht zu Gemütsbewegungen sich steigernde Gefühle zu erkennen gibt. Es handelt sich bei alledem aber nicht um eine wirkliche Anregung, sondern vielmehr um eine Lähmung verschiedener gesundhafter (körperlicher und geistiger) Hemmungszustände, also um den ersten Grad der Lähmung. Beim zweiten Grade, der Betrunkenheit (ebrietas), sind alle jene physischen Erscheinungen gesteigert, zuweilen bis zu einer Art von Tobsucht und Zerstörungswut, das Bewußtsein ist getrübt, die Geistestätigkeit verwirrt sich. Als dritten Grad unterscheidet man die sinnlose Besoffenheit, bei der die sensorische Nerventätigkeit völlig ruht, so daß Bewußtsein, Empfindung und willkürliche Bewegung verloren gehen. Den zur Gewohnheit gewordenen übermäßigen Genuß spirituöser Getränke bezeichnet man als Trunksucht oder Trunkfälligkeit (ebriositas). Da das deutsche Strafgesetz für Verbrechen, die im trunkenen Zustand begangen sind, mildernde Umstände bewilligt, so ist es für den Gerichtsarzt wichtig, das Vorhandensein von T. zu konstatieren. S. Trunksucht.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 758.
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