Wölfflin

[728] Wölfflin, 1) Eduard, Philolog, geb. 1. Jan. 1831 in Basel, studierte hier und in Göttingen, unternahm 1854 eine Studienreise nach Paris, habilitierte sich 1856 in seiner Vaterstadt und wurde 1861 Gymnasialprofessor in Winterthur, 1869 außerordentlicher, 1870 ordentlicher Professor in Zürich, 1875 ordentlicher Professor in Erlangen, 1880 in München. W. hat sich besonders um die historische Erforschung des lateinischen Sprachgebrauchs verdient gemacht. Er besorgte Ausgaben des Ampelius (Leipz. 1854), des sogen. Cäcilius Balbus (Basel 1854), des Polyänos (Leipz. 1860; 2. Aufl. von Melber, 1887), des Publilius Syrus (das. 1869), des Asinius Pollio »De bello africo« (mit Miodoński, das. 1889), der »Benedicti regula monachorum« (das. 1895) sowie eine Ausgabe von Buch 21–23 des Livius (das. 1873–1883, 3 Bdchn.; öfter wiederholt, zuletzt durch Luterbacher). Sonst veröffentlichte er: »Livianische Kritik und Livianischer Sprachgebrauch« (Winterthur 1864); »Antiochus von Syrakus und Cälius Antipater« (Leipz. 1872); »Lateinische und romanische Komparation« (Erlang. 1879); »Die alliterierenden Verbindungen der lateinischen Sprache« (Münch 1881); »Über die Gemination« (das. 1882) u. a. Auch gibt er das »Archiv für lateinische Lexikographie und Grammatik« (Leipz. 1884 ff.) heraus und ist an der Herstellung des »Thesaurus linguae latinae« (s. d.) in leitender Stelle beteiligt.

2) Heinrich, Kunsthistoriker, Sohn des vorigen, geb. 21. Juni 1864 in Winterthur, studierte an den Universitäten in München und Basel, wo er durch Jakob Burckhardt Einflüsse empfing, die für seine Kunstauffassung entscheidend wurden, und wurde dann auf Grund der Schrift »Prolegomena zu einer Psychologie der Architektur« (Münch. 1886) von der Münchener Universität zum Doktor promoviert. Nach zweijährigen Studienreisen in Italien, deren Ergebnis die Schrift »Renaissance und Barock« (Münch. 1888, 3. Aufl. 1908) war, habilitierte sich W. als Privatdozent an der Universität in München, wurde 1893 ordentlicher Professor in Basel und folgte Ostern 1901 einem Ruf an die Universität in Berlin als Nachfolger Herman Grimms. Seine Hauptwerke sind: »Salomon Geßner«, mit ungedruckten Briefen (Frauenfeld 1889); »Die Jugendwerke des Michelangelo« (Münch. 1891); »Die klassische Kunst, eine Einführung in die italienische Renaissance« (das. 1899, 4. Aufl. 1908); »Die Kunst Albrecht Dürers« (das. 1905, 2. Aufl. 1908). Besonders mit der »Klassischen Kunst« hat er auf die Kunstauffassung der gebildeten Kreise starken Einfluß ausgeübt und der Kunstforschung neue Wege gewiesen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 728.
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