Decret

[788] Decret (v. lat. Decrētum), 1) bei den Römern ein Beschluß, Befehl, Urtheil, Gutachten eines Collegiums (z.B. D. senatus, s. u. Senat), od. eines Magistrats (z.B. D. consŭlum, D. tribunorum), od. eines Richters, s. Sententia; 2) (Rechtsw.), Verfügung od. Anordnung eines Gerichts in einem Rechtsstreite an eine, in dem fraglichen Falle ihm unterworfene Person. Die D-e sind: A) in Rücksicht des Inhalts: a) Entscheidende Erkenntnisse (Decreta decisiva); diese charakterisirt bes. die Rechtskraft nach Ablauf der Zehntagfrist u. der Umstand, daß sie nur nach Anhörung beider Parteien ertheilt werden können; b) Proceßleitende Erkenntnisse (Resolutionen, D. interlocutoria), welche den Beschluß eines Gerichts auf den Antrag od. das Gesuch Jemandes enthalten; sie sind theils Communicationsdecrete, theils Ladungen (s. Citation). B) In Rücksicht der Bekanntmachung sind sie: a) theils öffentliche, z.B. in Edictalprocessen; b) theils Privatverfügungen; letztere betreffen dem Gericht bekannte Personen u. werden diesen entweder im Gericht selbst (Bescheide, Urtheile) od. durch Zufertigung derselben (Insinuation des D-s) bekannt gemacht. C) Richterliche D-e kommen auch außerhalb des Processes vor, u. dies sind namentlich Erlaubnißertheilungen der obervormundschaftlichen Behörde an einen Vormund zum Verkauf der dem Mündel gehörigen Immobilien (Decretum de alienando), od. zum Erwerb von Immobilien für den Mündel (D. de acquirendo), od. für eine für seinen Mündel zu bewirkende Zahlung (D. de solvendo), od. in Sachen seines Mündels einen Vergleich einzugehen (D. de transigendo) Außerdem gibt es noch viele Arten D-e, z.B. D. comminatorīum, richterlicher Befehl mit angefügter Strafandrohung; D. confirmatorĭum, bestätigendes D., das theils bei nichtstreitigen (s. Confirmation), theils bei streitigen Sachen dann vorkommen kann, wenn schon ein D., welches eben durch dieses zweite bestätigt wird, vorangegangen ist; D. de aperiundo concursu, s. u. Concurs; [788] D. (Divi) Marci, Verordnung des römischen Kaisers Marc Aurel, welche die Selbsthülfe zur Erlangung eines Rechts bei Verlust der Forderung od. der eigenmächtig uns verschafften Sache verbietet; D. d ilatorĭum, D., welches einen Aufschub erteilt; D. distrinutiōnis, Distributionsbescheid, s. u. Concurs; D. informatorĭum, D., wenn der Oberrichter von dem Unterrichter zu seiner Information Bericht fordert; D. manutenentĭae, durch welches Einem der Besitz einer Sache od. eines Rechts auf so lange zuerkannt wird, bis im possessorischen od. petitorischen Processe ein Anderer ein besseres Recht erwiesen hat; D. restrictīvum, durch welches eine frühere Ordnungbeschränkt wird; D. supersessorĭum, durch welches Einem mit Vollziehung eines früheren Auftrags einzuhalten befohlen wird; D. ulterĭus (D. secundum), das auf ein früheres D., welches nicht befolgt worden ist, erlassene einschärfende D. 3) Jeder andere Erlaß einer höheren Behörde, bes. des regierenden Fürsten, s. Cabinetsordre. 4) Im ehemaligen deutschen Staatsrechte die kaiserliche Entscheidung auf ein Reichsgutachten, od. ein während des Reichstags von dem Kaiser an die versammelten Stände gemachter Antrag. Es waren Hofdecrete, wenn der Kaiser schriftlich mit den Ständen verhandelte, u. wenn sie im Namen des Kaisers selbst bekannt gemacht wurden; od. Commissionsdecrete, wenn die Verhandlungen durch kaiserliche Commissarien erfolgten u. sie im Namen des kaiserlichen Principalcommissarius abgefaßt wurden; 4) Schluß u. Ausspruch der Päpste u. der Concilien, s. Decretalen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 788-789.
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