Ödenburg

[209] Ödenburg, 1) Verwaltungsgebiet in Ungarn, grenzt im Westen an Österreich ob der Enns u. Steyermark, im Süden an Kroatien, die Militärgrenze u. Slavonien, im Osten an die Woiwodina u. das ungarische Verwaltungsgebiet Ofen, im Norden an das Verwaltungsgebiet Presburg, 644,67 geographische QM. mit 1,771,720 Ew. (1,091,521 Ungarn, 450,922 Deutsche, 160,215 Slawen u. 11,079 Zigeuner), welche zum größten Theil Katholiken sind; es zerfällt in neun Comitate; 2) Comitat darin, 57 QM. mit 206,000 Ew., wird im Westen von drei Bergketten, den Vorbergen der Steyrer Alpen, durchzogen u. von dem Neusiedler See, der Raab, Rabnitz, Ikva, Vulka u. Leitha bewässert, bringt Weizen, Tabak, Obst, Wein (Ödenburger u. Ruster), Stein- u. Braunkohlen, Alaun; es wird in die Stuhlbezirke Csapring, Eßlerhaz, Mattersdorf, Kapuvar, Csorna, Pullendorf, Eisenstadt (Landbezirk) u. Ödenburg (Landbezirk) u. die Stadtbezirke Eisenstadt u. Rust getheilt. 3) Hauptstadt darin, königl. Freistadt, an der Ikva u. dem Zweige Neustadt-Ö. der Südbahn, Sitz der Comitatsbehörde u. des Landesgerichts, einer Statthaltereiabtheilung u. eines eignen städtischen Magistrats, hat zwei katholische u. eine lutherische Kirche, zwei Klöster, katholisches Domkapitel, katholisches Gymnasium, evangelisch-theologische Lehranstalt, evangelisches Obergymnasium, Sitz der evangelischen Superintendentur diesseits der Donau, evangelische Lehrerpräparandie; Tuchweberei, Zuckerraffinerie, Glashütte, Messerschmiede, Conditoreien, Handel mit Kastanien, getrocknetem Obste, Weizenmehl, Korn u. Vieh, Weinbau; 16,750 Ew. In der Nähe am Brennberge ergiebige Steinkohlenbergwerke u. Gesundbrunnen. – Ö. soll nach Einigen das alte Scarabantia, nach Andern wenigstens eine römische Colonialstadt Sempronium od. Sopronium [daher ungarisch Soprony]) sein; sie war der Standort der 15. Legion; vom König Salomo, welchem sie gegen die Bulgaren treu beistand, soll sie zur Freistadt erhoben worden sein; die ihr von den Königen Emerich, Bela IV. u. Stephan V. verliehenen Privilegien bestätigte 1277 Ladislaus der Kumane; Matthias Corvinus ertheilte ihr 1464 die goldne Bulle; 1441 wurde die Stadt durch die Königin Elisabeth an den Kaiser Friedrich III. verpfändet; 1490 ergab sie sich an Kaiser Maximilian[209] I.; 1605 belagerten sie die Türken, wurden aber von der kaiserlichen Besatzung unter Trauttmansdorff vertrieben. 1624 erwählte man auf dem Reichstag zu Ö. den Erzherzog Ferdinand zum König von Ungarn; 1659 wurde Ö. von Bethlen Gabor genommen u. geplündert; 1676 brannte es ab; auf dem Reichstage 1681 hier wurden die Ödenburger Artikel übergeben, s. Ungarn (Gesch.); 1706 wurde es vergebens von den Coruzzen belagert.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 209-210.
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