Verschweigung

[514] Verschweigung, die Geheimhaltung einer Thatsache durch Schweigen, bes. unter Umständen, unter denen die betreffende Person verpflichtet gewesen wäre die Thatsache zu offenbaren. Die aus einer solchen V. hervorgehenden Rechtsfolgen bestimmen sich nach den besonderen Verhältnissen, unter welchen dieselbe erfolgte. So unterliegt der Zeuge, welcher wider die eidlich bekräftigte Zeugenpflicht eine Thatsache wissentlich od. aus Unachtsamkeit verschweigt, nach Befinden den Strafen des Meineides od. der fahrlässigen Eidesverletzung; wer den ihm bekannten Aufenthaltsort eines Verbrechers verschweigt, um demselben fortzuhelfen, kann als Begünstiger des Verbrechens strafbar werden. Umgekehrt gibt es manche Fälle, in denen die V. Pflicht ist u. daher gerade derjenige, welcher gegen diese Pflicht fehlt, sich strafbar macht. Dahin gehören namentlich Staatsdiener u. andere öffentlich angestellte Personen. Wenn der Staatsdiener die ihm durch seinen Dienst bekannt gewordenen Thatsachen, welche er geheim zu halten verpflichtet ist, an Andere mittheilt, so verletzt er damit das Amtsgeheimniß u. begeht ein Amtsverbrechen (s.d.), welches mit disciplinarischen Rügen, nach Befinden auch mit einer criminellen Bestrafung, namentlich wenn der Beamte sogenannte Staatsgeheimnisse, Festungspläne, Urkunden, Actenstücke od. solche Nachrichten, von denen er weiß, daß das Wohl des Staates deren Geheimhaltung erfordert, einer fremden Regierung mittheilt od. öffentlich bekannt macht, selbst mit der Strafe des Landesverrathes (s.d.) geahndet werden kann. Den Beamten stehen in dieser Hinsicht auch die Geistlichen hinsichtlich der ihnen unter dem Siegel der Beichte anvertrauten Geheimnisse (s. Beichtverschwiegenheit), die Ärzte, Hebammen u. Apotheker, die Advocaten u. Notare gleich. Die neueren Gesetze dehnen diese Strafandrohung auch auf den Verrath der Fabrikgeheimnisse durch die in Fabriken beschäftigten Personen in der Weise aus, daß, wenn solche Personen die ihnen unter dem Siegel der Verschwiegenheit mitgetheilte eigenthümliche Verfahrungsweise bei einer Fabrikation od. einem sonstigen Gewerbsunternehmen zum Schaden der Fabrikbesitzer weiter verbreiten, sie ebenfalls crimineller Bestrafung ausgesetzt sind. Das Verbrechen setzt dann zwar immer Vorsatz voraus; allein eine bestimmte Absicht wird nicht erfordert, so daß es gleichgültig bleibt, ob die That aus Bosheit, Rachsucht, Eigennutz od. Schwatzhaftigkeit verübt wurde. Die Strafe besteht gewöhnlich in Gefängniß. Civilrechtlich kann die V. zum Schadenersatz, zur Gewährleistung etc. verpflichten, wenn bei Abschluß eines Kaufes der Verkäufer gegen den Käufer doloser Weise solche Eigenschaften des Kaufobjectes verschwiegen hat, welche dasselbe für Letzteren unbrauchbar machen. Die V. heimlicher Mängel berechtigt den Käufer zu den Klagen aus dem ädilitischen Edict, s.u. Kauf u. Fehler 4).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 514.
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