Vezier

[548] Vezier (Wesir, arab., d.i. Stütze), 1) in den muhammedanischen Staaten Titel oberster Beamteter; 2) im Osmanischen Reich der Regierungsgehülfe u. Stellvertreter des Padischah. Bei der Pforte gibt es sechs V-e, Rechtskundige, welche berathende Mitglieder des Divans sind. Der eigentliche, bevollmächtigte V. (Großvezier, Sadria'zhem), bekleidet das oberste Amt im Osmanischen Reiche, er präsidirt den Divan, übt in allen Sachen der Rechtspflege, des Kriegswesens u. der Verwaltung factisch die Gewalt aus, welche der Padischah besitzt, u. ist nur verbunden diesen von seinen Bestimmungen u. Verfügungen in Kenntniß zu setzen. Dagegen kann der Padischah keine von dem V. getroffenen Maßregeln ungültig machen, nur die auf den Krieg bezüglichen kann er reformiren, modificiren, selbst annulliren; s. Türkisches Reich S. 7. Der Großvezier erhält beim Antritt seines Amtes von dem Sultan ein Siegel mit dessen Namenszug, welches Fr immer auf der Brust tragen muß. Das Vezirat ist dem Persischen Reiche entlehnt, wo dieser hohe Beamte Ridf hieß, welcher Name seit der Einführung des Islam mit dem des V. vertauscht wurde. Besondere Schriften zur Unterweisung der V-e sind die Grundsätze des Vezirats von Maverdi u. die Anleitung der V-e, eine kurzgefaßte encyklopädische Übersicht des für einen V. Wissenswürdigen aus allen Gebieten der muhammedanischen Gelehrsamkeit.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 548.
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