Thür

[1155] Thür. (Baukunst)

Unter diesem allgemeinen Namen begreifen wir alle Arten der Oefnungen an den Wänden der Gebäude, die zum Heraus- oder Hereingehen, oder Fahren gemacht sind; folglich außer dem, was man im eigentlichen Verstand Thüren nennt, die Portale und Thorwege.

Der Baumeister hat in Ansehung der Thüren verschiedenes zu überlegen, das er nicht versäumen darf; besonders den Ort, wo er sie anbringt, ihre Gestalt und Größe. Die Natur der Sache bringt es mit, daß sie müssen in die Augen fallen. Hausthüren müssen mitten an den Außenseiten seyn, weil sie einzele Stüke sind,1 und weil auch der Bequämlichkeit halber dieses der beste Plaz ist. Die Thüren der Zimmer müssen so angebracht werden, daß dadurch nichts unregelmäßiges entsteht. Sind sie an einer den Fenstern gegen überstehenden Wand, so müssen sie entweder auf einen Pfeiler oder auf ein Fenster treffen. Ueberhaupt wird ein nachdenkender Baumeister sie allemal so anzubringen suchen, daß weder von außen noch von innen die Regelmäßigkeit noch die Eurythmie gestöhnt wird. [1155] Die Größe richtet sich nach der Bestimmung und der Art des Gebäudes. Das beste Verhältnis der Weite zur Höhe ist, wie 1 zu 2.

Hausthüren, oder Kirchthüren, die Theile der Außenseiten ausmachen, müssen natürlicher Weise, um das Auge gerade dahin zu loken, eine etwas reichere Bauart haben, als die übrigen Theile.

So wie wir überhaupt die Oefnungen mit Bogen, wo sie nicht nothwendig sind, verwerfen, so würden wir blos gerade geschlossene Thüren zulassen. Eine ganz schlechte Würkung thun die mit einen vollen Bogen geschlossenen Thüren, wo die daneben stehenden Fenster ohne Bogen sind.

In Berlin ist der schlechte Geschmak aufgekommen, die Gewände und den Bogen der Hausthüren perspektivisch zu machen, welches ganz ungereimt ist. Denn andrer Gründe zu geschweigen, so macht diese seltsame Veranstaltung entweder, daß die Oefnung der Thüre zu klein, und so gar kleiner als die Oefnung der Fenster wird, oder, wenn die Oefnung ihre rechte Größe hat, so wird der äußere Umriß der Bekleidung zu groß.

Die Thüren können auf vielerley Weise verziehrt werden. Es würde viel zu weitläuftig seyn, uns hierüber in besondere Betrachtungen einzulassen. Goldmann giebt funfzehen verschiedene Arten davon an, die mit guter Ueberlegung ausgedacht sind. Die Hauptsache kommt allemal darauf an, daß solche Verziehrungen, dem im Ganzen herrschenden Geschmak angemessen seyen.

Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 2. Leipzig 1774, S. 1155-1156.
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