Grad

[119] 1. Im siebenten Grade endet sich die Sippe.Eisenhart, 165 u. 283; Graf, 201, 129; Hillebrand, 147, 207; Eiselein, 569; Simrock, 9518a; Sachsenspiegel, I, 3, 3; Grimm, Rechtsalt., 468.

»Sippe« bedeutet eigentlich nach Graf (203) »Freunde« und erst durch Uebertragung »Blutsfreundschaft«. Auf die Zahl der Sippschaft gründet sich das Erbfolgerecht. Die Verwandten aus dem Geblüt heissen Magen und zwar die von väterlicher Seite Schwertmagen, die von mütterlicher Seite dagegen Spill- oder Spindelmagen. Die Sippe wird dem Leibe verglichen, woran als Haupt stehen Mann und Weib. Die erste Sippe bilden die Kinder, die zweite die Geschwisterkinder, die dritte die Geschwisterenkel, die vierte die Geschwisterurenkel, die fünfte die Kinder der Geschwisterurenkel, die sechste die Kindeskinder derselben, die siebente wieder die Kinder der letztern. Jeder dieser Sippen wies man einen Sitz am Leibe an, der letzten Sippe die Fingernägel, weshalb sie Nagelmagen genannt wurde. Die Verwandtschaft hört selbstverständlich da auf, wo sie nicht mehr bewiesen werden kann. Das alte deutsche Recht hat durch den obigen sprichwörtlich gewordenen Rechtssatz nur die Grenze angegeben, über die hinaus das Recht der Erbfolge nicht mehr stattfand. Aber das Erbe wurde auch jenseit der genannten Sippezahl nicht herrenlos, denn ausserhalb der Sippe galt der Nachbar (s.d.) als der sibbeste, d.i. als nächster Freund.


2. Je höher grad, je schwerer fall.Henisch, 1723, 58.


3. Wer im Grade der Nächste, der ist im Rechte der beste.Graf, 201, 128.

Innerhalb der Reihe von Blutsverwandten entscheidet für das Recht, das Erbe zu nehmen, die Gradesnähe.

Holl.: De naaste in den graad, de oudste op de straat, mannen vóór vrouwen, zullen 't leen behoën. (Harrebomée, I, 255a.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 2. Leipzig 1870, Sp. 119.
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