Chamisso

[401] Chamisso (Ludolf Adelbert von), Naturforscher und ausgezeichneter deutscher Dichter, geb. im Jan. 1781 in Frankreich auf dem Schlosse Boncourt in Champagne, kam mit seiner während der franz. Revolution ausgewanderten Familie nach Berlin, wo er mit deutscher Sprache und Wissenschaft auch deutsche Denkungsart sich aneignete. Von 1796–98 war C. Leibpage der Königin-Mutter, diente dann bis 1808 im preuß. Heere, folgte aber 1810 der Berufung als Professor an der Schule zu Napoléonville in Frankreich, das er jedoch bald wieder verließ, seit 1811 sich in Berlin eifrig mit den Naturwissenschaften beschäftigte und 1815 als Naturforscher der auf Kosten des russ. Reichskanzlers, Grafen Rumjanzow, von Otto von Kotzebue unternommenen Entdeckungsreise um die Welt sich anschloß, von der er 1818 nach Berlin zurückkehrte. Hier erhielt C. von der Universität das Doctordiplom und eine Anstellung am botanischen Garten und gab später sein verdienstliches Werk »Übersicht der in Norddeutschland vorkommenden nützlichsten und schädlichsten Gewächse, nebst Ansichten über das Pflanzenreich und die Pflanzenkunde« (Berl. 1827) heraus. Allgemeinere Berühmtheit erlangte C. jedoch als Dichter, und namentlich war es der von seinem Freunde Fouqué zuerst 1814 herausgegebene »Peter Schlemihl« (3. Aufl., mit Liedern und Balladen des Verfassers vermehrt, Nürnb. 1835), die gleich anmuthige und originelle Geschichte eines Mannes, der seinen, Schatten verlor, darum von der Welt geflohen wird, aber im geistigen Leben Trost findet, welche allgemeine Aufmerksamkeit erregte, auch in die meisten europ. Sprachen übersetzt worden ist. Von C.'s einzeln erschienenen Gedichten hatten schon viele durch Selbständigkeit, geistige Kraft und edle Form angesprochen, und seine 1831 erschienenen gesammelten Gedichte (2. Aufl., Lpz. 1834) wiesen ihm einen noch höhern Platz unter den deutschen Dichtern an, da häufig wahrhaft nationale Auffassung und patriotische Denkungsart dieselbe schmücken. Neue Dichtungen C.'s enthält der unter seiner und G. Schwab's Leitung seit 1833 in Leipzig erscheinende Musenalmanach, wo er auch bereits mit Herausgabe seiner sämmtlichen Werke begonnen hat, deren erster Band die höchst anziehende Beschreibung seiner Reise um die Welt enthält.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 401.
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