Flechte

[53] Flechte, der Name eines Hautausschlages, der in Gruppen von kleinen, mit einer wässerigen Feuchtigkeit angefüllten, auf unregelmäßigen rothen Hautstellen eng beisammenstehenden Bläschen zum Vorschein kommt, Brennen und Jucken verursacht, sich durch Weiterkriechen von den Rändern aus verbreitet, während er von der Mitte aus heilt und entweder mit Abschieferung der Oberhaut oder Schuppen- und Borkenbildung endet, zuweilen aber auch zur Entstehung in die Tiefe fressender Geschwüre Veranlassung gibt. Die Flechten befallen die verschiedensten Theile des Körpers, jedoch nie die ganze Oberfläche desselben auf einmal, verschwinden und kehren wieder, wechseln auch mit andern Krankheiten ab. Je nach dem Charakter, den sie im Verlaufe ihrer völligen Ausbildung annehmen, unterscheidet man viele besondere Arten derselben. Die schlimmste ist die fressende Flechte, unter deren meistens dünnern und nicht lange festsitzenden Borken fortwährende Jauchung und schnell in die Tiefe gehende Zerstörung statt hat. Die Anlage zu Flechten ist in gewissen Familien erblich und wird im Allgemeinen häufiger bei ältern als bei jüngern Personen beobachtet, wiewol sie unter den ihre Entstehung begünstigenden Umständen kein Alter verschonen. Dagegen pflanzen sie sich nicht durch Ansteckung fort. Überhaupt sind die Flechten immer eine mit innern Störungen zusammenhängende Krankheit und werden durch den Aufenthalt in feuchten, sumpfigen, sehr kalten oder sehr warmen Gegenden, durch den anhaltenden Genuß sehr fetter, sehr salziger, unverdaulicher, mehliger Speisen, sowie geistiger Getränke zum Ausbruche gebracht oder verschlimmert. An sich sind Flechten kein gefährliches Übel, sondern mildern, ja verhüten und heilen sogar manche andere bedeutendere Krankheit, können aber freilich auch Wassersucht und Abzehrung zur Folge haben. Insbesondere ist indeß ihr schnelles Zurücktreten nach innen zu fürchten, weil mitunter die bedenklichsten Zufälle darauf folgen, wie z.B. Schlagfluß, Blindheit, Lähmungen, Kurzathmigkeit, Lungenschwindsucht u.s.w. Aus diesem Grunde ist vor ihrer unvorsichtigen Vertreibung durch Anwendung blos äußerer Mittel nicht genug zu warnen. In der Regel erfodern sie eine Behandlung mit äußern und innern Mitteln zugleich, und sollen sie für die Dauer beseitigt werden, häufig eine gänzliche Änderung der bisherigen Lebensweise, des Wohnortes, ja selbst der Beschäftigungsart, unter allen Umständen aber eine angemessene, mehr karge als nahrhafte Diät mit Vermeidung von Säure erzeugenden, fetten, unverdaulichen Speisen, geistigen und überhaupt erhitzenden Getränken, große Reinlichkeit, Bäder u.s.w.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 53.
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