Fleury

[56] Fleury (André Hercule de), Premierminister Ludwig XV. und Cardinal, ward zu Lodève in Languedoc 1653 geboren. Er studirte bei den Jesuiten und im Collegium Harcourt zu Paris, und wurde, nachdem er 1667 in den geistlichen Stand getreten war, Kanonikus zu Montpellier und Doctor der Sorbonne. Da er sich ebenso sehr durch ein angenehmes Äußere, als durch einen scharfen gebildeten Verstand auszeichnete, so fand er bald Beifall bei Hofe und wurde Beichtvater erst der Königin, dann auch des Königs. Dieser ernannte ihn 1698 zum Bischof von Frejus und nachher zum Erzieher des Dauphins, nachmaligen Königs Ludwig XV. Nach dem Tode Ludwig XIV. führte der Herzog von Orleans die Regentschaft, dessen Gunst F. sich ebenso sehr zu erwerben wußte, wie vorher die des Königs. 1726 wurde F. Cardinal und bald nachher machte ihn der 1723 zur Regierung gekommene Ludwig XV. zu seinem ersten Minister. Mit ungewöhnlicher Klugheit und Kraft leitete der Greis bis gegen sein 90. Jahr die Angelegenheiten Frankreichs. Er suchte demselben die Segnungen des Friedens zu verschaffen und hob auf alle Weise den Wohlstand des Volkes. Dennoch konnte er den Ausbruch des Kriegs 1733 mit Karl VI. und dem deutschen Reiche wegen der poln. Königswahl nicht verhindern, aber er hatte so zweckmäßig für die Ausrüstung der franz. Kriegsmacht gesorgt, daß der Krieg zum Ruhme Frankreichs endete und 1736 Lothringen an Frankreich fiel. Ein großer politischer Fehler F.'s dagegen war es, daß er Frankreich nach dem Tode Karl VI. in den für dasselbe so unglücklich endenden östr. Erbfolgekrieg verwickelte. Er erlebte jedoch das traurige Ende des Kriegs nicht, da er am 29. Jan. 1743 zu Issy bei Paris starb. Er selbst war einfach, anspruchslos und uneigennützig und sein Tod wurde daher mit Recht allgemein betrauert.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 56.
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