Fliege

Fliege

[57] Fliege nennt man im Allgemeinen jedes Insekt, welches zwei durchsichtige, geaderte und ungefaltete Flügel und einen fleischigen Rüssel oder Sauger hat.

Es gibt sehr viele Arten dieser Insekten, sie sind aber größtentheils nicht genau untersucht und geordnet, da es bei der Kleinheit der Thiere schwierig ist, alle Unterschiede an ihnen aufzufinden. Einigen Arten hat man nach grade in die Augen fallenden körperlichen Kennzeichen, nach der Nahrung, welche sie vorzugsweise suchen, oder nach Orten, wo sie sich am liebsten aufhalten, gewisse Beinamen gegeben, wie Stuben-, Abtritts-, Fleisch-, Schmeiß-, Aas-, Koth-, Blumen-, Stech- und Pferdefliege oder Bremse. Die Stubenfliege ist in der nachstehenden Abbildung dargestellt, wie sie durch ein stark vergrößerndes Mikroskop erscheint. Dabei ist ein noch stärker vergrößertes Fliegenauge, an welchem man deutlich die vielen Facetten sieht. Diese Thiere, welche den Menschen so sehr plagen, sind selbst von Ungeziefer heimgesucht. Die hellen Flecke in der Abbildung sind Milben, welche sich auf dem Körper der Fliege aufhalten und gegen viertausendmal kleiner als diese sind. – Die Fliegen nähren sich meist von Flüssigkeiten und süßen Stoffen, legen Eier und diese stets an Orte, wo die auskriechenden Maden gleich Nahrung finden, und einige gebären auch lebendige Maden. Alle Fliegen vermehren sich unglaublich stark und schnell, besonders bei warmer und etwas feuchter Witterung, und eine einzige Fleischfliege soll gegen 20,000 Eier im Leibe haben, die sich schon nach 20 und einigen Tagen in lebendige Fliegen verwandeln. Die meisten Fliegen leben aber nicht ein Jahr, die Weibchen sterben, sobald sie Eier gelegt haben, und andere, wie die sogenannte Eintagsfliege, leben nur einen Tag. Das Merkwürdigste an den Fliegen sind die Augen, die im Verhältniß zum Kopfe sehr groß sind. Wenn man sie durch das Vergrößerungsglas beobachtet, so sieht man, daß sie aus lauter sechsseitigen Flächen (Facetten) bestehen, deren eine jede wieder gleichsam ein Auge für sich bildet und wodurch das ganze Auge die Eigenschaft erhält, nach allen Seiten zu sehen, ohne daß die Fliege den Kopf zu wenden braucht. Solcher kleinen Flächen will man in einem Fliegenauge über 4000 gezählt haben. Zum Fliegengeschlechte werden auch die Mücken (s.d.) oder sogenannten Schnaken gerechnet. Um Fliegen aus Wohnungen zu vertreiben, hat man verschiedene Mittel, als: Milch mit Pfeffer abgekocht, Tabackslauge mit Honig oder ähnlichen süßen Sachen vermischt, Vogelleim, Fliegenschwamm in heißer Milch aufgebrüht, und viele andere. – Unter dem Namen der spanischen [57] Fliege oder Canthariden ist eine glänzend grüne Käferart bekannt, die in den wärmern Ländern Europas, am häufigsten in Spanien gefunden wird. Man findet jedoch diese Käfer auch in Deutschland, wo sie manches Jahr im Mai, Jun. und Jul. sehr zahlreich auf Liguster-, Hollunder- und Eschenbäumen sitzen. Bekanntlich liefern sie ein sehr gutes Zugpflaster, zu welchem Behufe sie in den genannten Monaten eingesammelt, durch Rauch und Hitze getödtet, an der Luft getrocknet und in wohlverschlossenen Gefäßen aufbewahrt werden. Man legt sie gepulvert und mit harzigen Substanzen vermischt auf die Haut, doch ist jedem Nichtärzte zu rathen, dergleichen Zugpflaster sich nie selbst zu bereiten, weil eine zu große Quantität dieses Fliegenpulvers auf den Körper höchst nachtheilig einwirkt und schon den kalten Brand zur Folge gehabt hat. Eine noch größere Vorsicht ist nöthig, wenn man die span. Fliege innerlich braucht, denn hier kann eine zu starke Dosis sogar tödtlich werden. Unter allen Thieren soll der Igel das einzige sein, welches die span. Fliegen ohne Nachtheil verzehrt; sie sollen sogar eine seiner Lieblingsspeisen sein.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 57-58.
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