Brand

[308] Brand nennt die Heilkunst das völlige Erlöschen des Lebens in irgend einem Theile des menschlichen oder thierischen Körpers, der außerdem unversehrt bleiben kann, während der vom Brande befallene Theil völlig abstirbt und in Fäulniß oder trockene Verwesung übergeht. Gewöhnlich unterscheidet man heißen Brand oder Gangrän, worunter der höchste Grad von Entzündung verstanden wird, der aber eigentlich den Namen Brand nicht verdient, weil in dem erkrankten Theile das Leben nicht völlig erlischt;kalten Brand, so genannt, weil die von ihm ergriffenen und deshalb völlig abgestorbenen Theile ihre Lebenswärme verlieren und die Temperatur der Atmosphäre annehmen; trockenen Brand, wenn der abgestorbene Theil des Körpers nicht verfault, sondern zusammenschrumpft und vertrocknet; und feuchten Brand, wenn faulige Auflösung derselben eintritt. Auch spricht man je nach dem Sitze des Übels von einem innern und äußern Brande. Entstehen kann der Brand aus allgemeinen und innern Ursachen, wenn die ganze Säftemasse bis zu dem Grade gänzlicher Zersetzung erkrankt, wie dies zuweilen bei Faulfiebern der Fall ist, oder durch thierische oder Pflanzengifte vergiftet wird. Dahin gehört auch der Brand, der durch Einwirkung mancher Ansteckungsstoffe, durch den Genuß des Mutterkorns (s.d.) und den Biß giftiger Schlangen veranlaßt wird. Örtliche Ursachen von Brand sind zuerst Entzündungen aller Art, wenn sie einen sehr hohen Grad erreichen, und insbesondere Einwirkung einer übermäßigen Kälte oder Wärme, ätzender Stoffe, starker elektrischer Schläge, wie z.B. des Blitzes, ferner Druck, Quetschungen eines Theiles, Zusammendrückung von Gefäßen und Nerven durch Geschwülste, durch zu festen Verband, Einklemmung vorgefallener Theile, z.B. von Eingeweidebrüchen u.s.w. Im Allgemeinen ist jeder Brand mit Gefahr verbunden, denn außer dem Verluste des davon ergriffenen Theiles führt er nicht selten den Tod herbei, wenn auch der durch ihn zerstörte Theil zum Leben nicht unentbehrlich war, indem sich durch Aufsaugung der Brandjauche ein fauliges Fieber entwickelt oder durch fortwährenden Säfteverlust, durch Blutungen und Eiterung Abzehrung eintritt. Am häufigsten entsteht der Brand in Folge von Entzündungen, die sich dann bis auf den höchsten Grad steigern. Der entzündete Theil schwillt dabei außerordentlich auf, fühlt sich trocken, hart und sehr heiß an, verursacht fast unerträglichen Schmerz und die bisherige rothe Färbung wird immer dunkler. Nach kurzer Zeit indeß läßt die Geschwulst nach, wird weich und teigicht, es bilden sich Blasen, die sich mit einer klaren oder [308] dunkeln, bläulich gefärbten Feuchtigkeit füllen, die Oberhaut fängt an einzelnen Stellen an sich abzulösen und der leidende Theil erhält eine schmuzig braune Farbe, die Hitze dagegen nimmt ab, der Schmerz läßt plötzlich nach und hört endlich ganz auf. Der absterbende Theil wird nun völlig unempfindlich, färbt sich bläulich, aschgrau, schwarz, erkaltet und die Geschwulst bricht zuletzt auf und läßt entweder faulendes Blut oder eine stinkende, schwarze und scharfe Jauche ausfließen. Er verhält sich nun wie todt zu dem übrigen Körper und läßt sich ohne Schmerz davon trennen, fällt auch zuweilen von selbst ab und hierauf erfolgt nach Eintritt des sogenannten Brandfiebers entweder der Tod oder die Heilkraft der Natur siegt und trennt durch einen eigenthümlichen Vorgang das Todte von dem Lebenden. Im letztern Falle bildet sich da, wo die brandigen Partien mit den gefunden zusammenstoßen, eine rothe Linie, gleichsam die Grenze der Krankheit, und durch eine von den angrenzenden noch lebenden, aber entzündeten Theilen bewirkte Eiterung wird das Todte abgestoßen und so mit Verlust des Brandiggewordenen die Heilung herbeigeführt.

Der Brand des Getreides wird durch sehr kleine sogenannte Staubpilze verursacht, welche aus den sich bildenden Samenkörnern ihre Lebenssäfte ziehen und jene dadurch verderben. Am häufigsten findet sich der Brand im Weizen, zuweilen auch in Gerste, Hafer und Dinkel und äußert sich meist dadurch, daß die Samenkörner der brandigen Ähren schwarz und allmälig weich werden, bis sie in Staub zerfallen, als ob sie verbrannt wären. Nicht nur der Fruchtertrag wird dadurch ansehnlich vermindert, sondern auch beim Dreschen das gesunde Getreide dadurch verunreinigt und das Mehl misfarbig und oft übelriechend gemacht. Als Veranlassung zur Erzeugung des Brandes betrachtet man unvollkommenen Samen, unpassenden oder übermäßig gedüngten Boden und schädliche Witterungseinflüsse.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 308-309.
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