Brand [3]

[177] Brand, 1) eine nicht seltene Krankheit der Getreidearten u. anderer Pflanzen. Die Producte dieser Krankheiten sind sich auf verschiedenen Pflanzen u. verschiedenen Pflanzentheilen der Form u. dem ganzen Habitus nach sehr ähnlich, aber bei genauerer Untersuchung zeigt es sich, daß sie auf verschiedene Weise hervorgehen u. darnach auch verschiedene Charaktere an sich tragen. Die Producte dieser ganzen Klasse von Krankheiten bestehen in der Bildung von Bläschen, die eine braunschwärzliche u. in großer Menge oft tief schwarze Farbe zeigen; sie treten als parasitische Gewächse im Innern der Zellen der von ihm befallenen Pflanzentheile auf u. gehören der Klasse der Pilze (Brandpilze) an. Gewöhnlich wird der damit befallene Pflanzentheil mehr od. weniger zerstört, u. da diese Krankheiten so häufig unsere Nutzpflanzen, besonders die Getreidearten, betreffen u. deren Früchte zerstören, so verdienen sie ganz besondere Beachtung. Folgende sind die bekanntesten Arten: a) der Flug-, Staub-, Nagel-od. Rußbrand (Uredo segetum Pers., Ustilago segetum Fries.); dieser befällt gewöhnlich nur die Organe der Blüthen u. Früchte u. zwar namentlich der angebauten Gräser, bes. der Getreidearten, als des Hafers, Weizens, Hirse u. der Gerste, kommt aber auch auf den Befruchtungswerkzeugen u. Früchten mehrerer Dikotyledonen vor. Er zeigt sich als ein braunschwarzes, staubartiges Pulver. zerstört die von ihm befallene Substanz der Pflanzenorgane u. nach vollkommener Ausbildung des Pulvers brechen die Hüllen der Organe, in denen es sich bildete, auf, u. das Pulver fällt heraus u. verfliegt allmälig. Bes. sind Hafer, Weizen u. Gerste davon heimgesucht, seltener der Roggen. Bei manchen Pflanzen tritt der Flugbrand mit mehr od. weniger großen Anschwellungen der davon befallenen Theile auf, so z.B. beim Mais, bei denen dann nicht nur die männichen Blüthen krankhaft angeschwollen sind, sondern auch die Fruchtknoten der weiblichen Blüthen zuweilen bis zur Größe einer Haselnuß anschwellen u. durch gegenseitigen Druck die sonderbarste Form annehmen. Oft kommen in Folge dieses B-es auch an anderen Theilen des Maises große sphärische Auswüchse vor. Man sieht anfangs in den Saftzellen kleine Schleimablagerungen an der Innenseite der Zellenwände; aus diesem Schleime gehen fadenförmige, ungegliederte, verästelte Gebilde hervor, welche bereits die Pflanzennatur zeigen, anfangs ungefärbt, fast durchsichtig u. nur bei starker Vergrößerung ein feinkörniges Wesen zeigend; undlich fangen die Ästchen an, sich zu verzweigen, u. nun beginnt an ihnen eine rosenkranzförmige Abschnürung, die einzelnen, noch zusammenhängenden Kügelchen erst gelblich, dann immer brauner u. größer werdend, bis sie sich endlich von einander trennen u. alle Fäden in solche Kügelchen zerfallen, die eigentlich kleine Bläschen sind. Andere Pflanzen, die von dem Flugbrande heimgesucht werden, sind verschiedene Cyperaceen, Compositen, Polygoneen, Caryophylleen u. die Ackerwinde (Convolvulus arvensis). b) Der Schmier-, Stein-, Faul od. Kornbrand, Kornfäule, Faulweizen, Geschlossener Brand (Ustilago sitophila Dittm., Uredo sitophila Pers., Ur. Caries De C.) ist bis jetzt nur an dem Samen des Weizens u. Dinkels (Triticum Spelta) beobachtet worden. Dieser B. zeigt sich in Form von runden, in Masse violettschwarz gefärbten Bläschen, die drei- bis viermal größer als die des Flugbrandes sind, u. unangenehm wie fauler Harn od. faule Häringe riechen. Einzeln erscheinen sie anfangs fast ungefärbt u. mit kleinen Kügelchen gefärbt, später werden sie gelbbräunlich, ihr Inhalt wird gleichmäßig, u. scheint sich größtentheils in ein fettes Öl umzuwandeln, u. endlich verdickt sich die Zellhaut, wird fest, u. auf ihrer Oberfläche zeigen sich kleine Wärzchen. Der Schmierbrand ist gewöhnlich schon vorhanden, wenn die Ähren noch in der Blattscheide stecken, u. die Eierchen im Fruchtknoten sind dann schon von ihm gänzlich zerstört, die Blüthen schwellen so an, daß der Fruchtknoten schon fast die Größe des reisen Samens hat, u. reist dieser endlich, was eher als an den gefunden Körnern geschieht, so erscheint er dicker, kürzer u. nach oben zugespitzter als sie, auch ist er leichter, u. zerdrückt man ihn, so tritt das stinkende B-pulver hervor. Die Bildung dieses B-s ist übrigens der des vorigen ähnlich. Die Ursachen, welche diese beiden u. ähnliche B-arten hervorrufen, sind theils prädisponirende, theils gelegentliche. Als prädisponirende Ursache ist der unvollkommene Zustand des Samens anzusehen, wenn die Saat noch unvollkommen reif geerntet werden mußte, od. während anhaltenden Regenwetters u. also nicht trocken eingebracht werden konnte. Solche Samen haben eine Zersetzung der in ihnen aufgespeicherten Nahrungsstoffe erlitten, u. diese abnormen Mischungsverhältnisse werden Ursache jener Krankheit. Die gelegentlichen Ursachen beschränken sich meist auf den Zustand der Erde u. die Beschaffenheit des Bodens u. sind unbekämpfbar. In naßkalten, feuchten Jahren herrscht der B. mehr als in trockenen. Eben so kommt er an schattigen Stellen, an Waldrändern od. in engen Thälern, überhaupt auf Feldern von nasser u. kalter Lage vor. Auch kalte u. starke Thaue mögen den B. veranlassen, eben so ein Boden, der stark mit frischem, bes. aber mit sehr nahrhaftem u. scharfem Dünger, z.B. mit Menschenkoth, Schafdünger, Schweinedünger, gedüngt worden ist. Auch sehr hitziger u. magerer Kalk- u. Thonboden soll den B. erzeugen. Endlich ist gewiß auch eine unmittelbare Ansteckung durch den B-staub anzunehmen, indem derselbe, dem Boden mit getheilt, die Nahrungssäfte gesunder Pflanzen so verändert, daß dadurch jene Krankheit erzeugt wird. Ist die Krankheit einmal aufgetreten, so läßt sich nichts mehr dagegen thun, die ganze Cur kann sich also nur auf Vorbauungsmittel beziehen. Vor Allem sehe man auf die Qualität der Samen. Man nehme wo möglich alte gute Saat. Man hat[177] auch das Beizen des Samens empfohlen, doch kam auch nach gebeiztem Samen der B. zum Vorschein. Zum Beizen bedient man sich der Laugen von Kochsalz, Salz u. Kalk, Kupfer- u. anderen Vitriolen. Als Vorbauungsmittel möchte eine gute Bestellung des Ackers dienen, ein guter, nicht zu frischer, gleichmäßig zertheilter Dünger u. gehörige Entwässerung d. s. Bodens sind hier vorzüglich zu erzielen. Seltener ist c) der Stängelbrand im Roggen; der Brandstaub dieser Art erscheint als dunkelbraune Häuschen, Wallroth nennt ihn Erysibe occulta. d) Der Stängelstaubbrand einiger großer Grasarten (Ustilago bypodytes Fries.), bes. am Elymus arenarius, von tief schwarzbrauner Farbe, auf der Oberfläche des Halmes unter der Blattscheide. Ähnliche Krankheiten erzeugen der Rost (Uredo Pers.), u. die Pilzgattungen Puccinia, Rubigo, Phragmidium, Aecidium (s.d. a) u.a.m. Nach den Untersuchungen von Tulesne in Paris u. Kühn in Bunzlau rührt der B. der Getreidearten von den Sporen des Brandpilzes (Tilletia Carbo) her; beim Aufspringen der Getreidekörner werden diese Sporen ausgestreut, hängen sich an die noch gefunden Körner u. keimen bei der Aussaat derselben im nächsten Jahre wieder; sie bilden dann einen kleinen Schlauch, dessen Spitze die Zellen mit den Keimkörnern trägt; jeder derselben wuchert zu einer neuen Pflanze empor, welche sich in das Innere der Getreidepflanze ein bohrt, hier Nahrung findet u. sich bis in das junge Korn in fadenförmigen verzweigten Zellen verlängert. An den Enden dieser Fäden entwickeln sich wieder die Sporen, welche sich durch ihre dunkle Farbe als Brandstaub zu erkennen geben. 2) (Weinb.), eine Krankheit des Weinstocks s. Weinbau; 31 gewöhnliche Baumkrankheit; Säfte treten aus ihren Gefäßen, verderben od. werden sauer, u. dadurch zerstören sie die gefunden Säfte u. Theile. Bei manchen Bäumen zeigt sich der B. als schwarzer Fleck, bei anderen als Harzfluß. Ursachen sind: zu viele Säfte, zu nasser u. zu gedüngter Boden, große u. zeitige Kälte, Abbrechen der Äste, statt des Beschneidens, od. auch wenn man unterläßt, die Stellen, an welchen Äste abgenommen worden sind, mit Baumkitt zu überziehen. Durch Ausritzen der äußeren Rinde am Baumstamme, durch Kanäle in zu feuchtem Boden u. durch Entziehung des Düngers kann man dem B. vorbeugen; ist er eingetreten, so muß die schadhafte Stelle rein ausgeschnitten u. mit Baumkitt überzogen werden.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 177-178.
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