Weizen

Weizen

[686] Weizen (der) ist unter den bei uns auf dem Felde erbauten Getreidearten die edelste, liefert das feinste und weißeste Mehl und wird in Frankreich und England, wo man auch das gewöhnliche Brot aus Weizenmehl bäckt, in weit größerm Umfange angebaut als in Deutschland.

Zu seinem Gedeihen verlangt er im Allgemeinen etwas mehr Wärme und einen bessern, mehr gebundenen, tiefen Boden als der Roggen, wird übrigens ebenso als Winter- und Sommergetreide ausgesäet und danach, soweit er für die Landwirthschaft in Betracht kommt, als Winter- und Sommerweizen unterschieden. Am häufigsten baut man Winterweizen, der zwar eine längere Zeit zur Vollendung seiner Reise bedarf, aber meist auch reichlichere Ernten liefert und höher im Preise steht. Der gemeine Winterweizen [686] zeichnet sich durch ziemlich stumpfe oder unbegrannte Kelchspitzen von andern aus und wird als brauner und gelber, auch rother und weißer nach der Farbe unterschieden. Von engl. Winterweizen gibt es weißen und rothen glatten, rothen, schwarzen und blauen sammetartigen. Der gemeine Sommerweizen wird im Ganzen mehr in südl. als nördl. Gegenden gebaut und ist weniger ergiebig als Winterweizen; die begrannten Kelchspitzen liegen wie Dachziegel übereinander und man findet hauptsächlich zwei Arten, gelben und braunen. Man rechnet hierher ferner den in Deutschland noch selten gebauten Bartweizen, den poln. Weizen, welcher auch ägypt. und walach. Korn genannt wird und dessen Arten auch noch in Deutschland wenig erprobt sind. Er wird gegen 5 F. hoch, bestaudet sich ungemein stark und hat lange, schmale, dünnschälige Körner. Den weißen und rothen glatten Wunderweizen, welcher aus einer Wurzel 6–10 Halme treibt, von denen jeder eine Ähre mit mehren kleinen Nebenähren trägt und in Neapel, Sicilien, Ungarn viel gebaut wird. Endlich hat man auch Wechsel- oder Wandelweizen, welcher als Sommer- und als Winterfrucht gebaut werden kann, je nachdem man damit regelmäßig wechselt, den besten Ertrag ab werfen soll. Weizenarten sind ferner der Spelt oder Dinkel (s.d.) und das verrufene Unkraut, die Quecken (s.d.). Unstreitig gehört auch der Weizen zu den Feldfrüchten, welche aus wärmern Ländern zu uns verpflanzt und nach und nach an ein strengeres Klima gewöhnt worden sind. Von allen Getreidearten besitzen seine Körner den reichlichsten Nahrungsstoff und das Stroh der in Deutschland gewöhnlichen Arten gibt auch gutes Viehfutter, steht jedoch dem Roggenstroh in anderweitiger Benutzung nach, weil es minder zähe und weicher ist und leichter fault. Mehr als jede andere Getreideart ist der Weizen dem Brande ausgesetzt, ohne daß die Veranlassung zu dieser Krankheit bis jetzt mit Gewißheit ergründet wäre. Die Samenkörner werden in den brandigen Ähren, welche gewöhnlich auf höhern Halmen stehen, schwärzlich ganz oder nur theilweise allmälig weich und zerfallen endlich in schmuzigen Staub, wovon auch die gefunden Körner unscheinbar werden und das Mehl ein sehr übles Ansehen erhält. Ein engl. Landwirth hat über den Brand im Weizen die mittels folgender Abbildungen erläuterte Meinung aufgestellt, daß er von einem Schmarozerpilze herrühre, welcher zu der Gattung der Staubpilze gehört und in millionenfacher Vergrößerung jung mit seinem Stiele (9), ausgewachsen (10) und indem er seinen Samen entleert (11) vorgestellt ist. Den 160,000. Theil eines ! Zolls mit 16 reisen Pilzen zeigt Abb. 8; in gleicher Vergrößerung stellt 7 eine Gruppe derselben an einem Stück Weizenwurzel vor. Diese soll nämlich den Pilzsamen, welcher dem zartesten Staube gleicht, aufsaugen, sodaß derselbe in den Saft der Pflanze übergehe und noch vor Befruchtung der Weizenblüte in diese gelangen, durch schnelle Hervorbringung von Pilzen im Samenkeime aber die eigentliche Befruchtung verhindern. Der Samenkeim wächst daher zwar fort, wird aber kein gesundes Korn, wie 1 u. 2 von der Vor- und Rückseite 25 Mal vergrößert darstellt, übertrifft diese vielmehr noch an Umfang (3 u. 4 sind zwei brandige in gleicher Vergrößerung und Ansicht), bekommt eine dunkelgrüne, zuletzt dunkelbraune Farbe und ist inwendig ganz (5) oder theilweise (6) voller Pilze. Es würde hiernach dahin zu sehen sein, den Samenweizen von allen brandigen Körnern und dem ihm anhängenden Pilzsamen zu säubern, welches letzte jener Engländer durch 12stündiges Einweichen desselben in Kalkwasser und wässeriges Trocknen der Aussaat vor dem Säen zu erreichen meint. – Sprüchwörtlich sagt man von Jemand: »sein Weizen blühe jetzt«, wenn sein Gewerbe besonders schwunghaft geht oder ihm ein gewinnbringendes Unternehmen glückt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 686-687.
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