Moritz [2]

Moritz [2]

[190] Moritz, Graf von Sachsen, bekannter als Marschall von Sachsen, war ein natürlicher Sohn August's des Starken, Königs von Polen und Kurfürsten von Sachsen, und der Gräfin Aurora von Königsmark, wurde 1696 vermuthlich zu Goslar geboren und hieß Graf von der Raute, bis ihn sein Vater 1711 als Reichsvicar zum Grafen von Sachsen ernannte.

Seinen Talenten und seiner Thatenlust wurde durch mangelhafte Erziehung leider nicht die alleinige Richtung auf das Edle gegeben und wie die Körperstärke seines Vaters, theilte er daher auch großentheils die Schwächen desselben. Von früher Jugend leidenschaftlich für den Soldatenstand eingenommen, ging er während des span. Erbfolgekriegs 1708 heimlich von Dresden zu der Lille belagernden Armee der Verbündeten unter Marlborough, wo König August als Zuschauer verweilte und auch ein sächs. Corps unter dem Grafen Schulenburg sich befand. M. ward jetzt zu dessen Adjutanten ernannt und zeichnete sich in diesem und den folgenden Jahren durch seinen oft in Verwegenheit ausartenden Muth aus. Im Jahre 1710 wohnte er unter Peter dem Großen der Eroberung von Riga bei, begab sich dann wieder nach Flandern, focht 1711–13 gegen die Schweden und commandirte ein von ihm selbst errichtetes und eingeübtes Reiterregiment. Unglücklich war seine nach diesem Feldzuge geschlossene Ehe mit der reichen und schönen Gräfin Löben, hauptsächlich durch M.'s Unbeständigkeit, und ward daher 1721 wieder getrennt. Unter dem Prinzen Eugen wohnte M. einem Feldzuge gegen [190] die Türken bei, ging nach hergestelltem Frieden nach Frankreich, wo er sich sehr gefiel und 1720 als Marechal de Camp oder Generalmajor in franz. Dienste trat. Trotz seines ausschweifenden Lebens suchte er jetzt das in der Jugend Versäumte nachzuholen und studirte fleißig Kriegswissenschaften und Mathematik. Von den kurländ. Ständen 1726 zum Herzoge gewählt, begab er sich nach Mitau und verschmähte zur Geltendmachung seiner Ansprüche selbst eine Unterstützung von 40,000 Livres von seiner Geliebten, der Schauspielerin Lecouvreux nicht, welche in Paris deshalb ihre Habe verpfändet hatte, mußte jedoch vor den Russen weichen. Als ihm noch seines Vaters Ableben dessen Nachfolger 1733 den Oberbefehl der sächs. Truppen antrug, zog es M. vor, im franz. Dienste zu bleiben und in dem gleich darauf ausbrechenden Kriege die Waffen gegen Deutschland zu führen. Während desselben ward er zum Generallieutenant und im Verlaufe des 1741 beginnenden östr. Erbfolgekriegs 1744 zum Marschall und zum Oberbefehlshaber des in Flandern aufgestellten Beobachtungscorps ernannt, mit dem er den überlegenen Feind in Unthätigkeit zu erhalten verstand. Im Jahre 1745 gewann er mit dem zur Eroberung der östr. Niederlande bestimmten Heere am 11. Mai die Schlacht bei Fontenay und die Siege bei Raucour im Oct. 1746, bei Lawfeld im Jul. 1747, die Eroberung vieler wichtiger Plätze und zuletzt im Mai 1748 die Einnahme von Mastricht, zeigten seine Feldherrentalente im glänzendsten Lichte. Ludwig XX. belohnte ihn dafür mit dem Naturalisationspatent, mit der Ernennung zum Marschall aller franz. Heere und machte ihm unter Andern sechs Kanonen zum Geschenk. Nach dem 1748 geschlossenen Frieden lebte M. meist auf dem ihm überlassenen königl. Schlosse Chambord, wo er vor seinem 1750 erfolgten Tode noch den seltsamsten Plänen, z.B. der Wiedervereinigung der Juden zu einem Volke und der Gründung eines Königreichs in Brasilien nachgehangen haben soll. M. wurde in der protestantischen St.-Thomaskirche zu Strasburg mit großer Pracht beigesetzt und ihm 1777 auf königl. Befehl das hier abgebildete Denkmal errichtet.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 190-191.
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