Riga

[711] Riga, die befestigte Hauptstadt des russ. Gouvernements Liefland (s.d.) und nach Petersburg der ansehnlichste Seehandelsplatz des nördl. Rußlands, liegt in einer sandigen Gegend am rechten Ufer der Düna, 11/2 M. von ihrer Mündung in die Ostsee und hat 50,060 Einw. Sie besteht aus der eigentlichen, nach deutscher Art gebauten Stadt und drei Vorstädten, deren eine am linken Ufer der Düna liegt, über welche eine Schiffbrücke führt. Über die Hälfte der Bewohner sind Protestanten und die meisten Deutsche oder von deutscher Abkunft; Haupterwerbsquellen sind der Betrieb von Zucker-, Stärken-, Spiegel- und mehren andern Fabriken, namentlich aber die Ausfuhr von Getreide, Flachs, Hanf, Lein- und Hanfsamen und anderer Landesproducte. Gewöhnlich wird über R. das meiste russ. Getreide verschifft und in dem eine Stunde unterhalb der Stadt gelegenen Hafen Dünamünde laufen des Jahrs über 1200 Fahrzeuge ein und ebenso viele gehen ab. Eine Handelsbank erleichtert alle kaufmännischen Unternehmungen des im Ganzen sehr wohlhabenden Orts. Von Unterrichtsanstalten bestehen daselbst mehre höhere Schulen, eine Stadtbibliothek und andere wissenschaftliche Sammlungen, sowie mehre gemeinnützige Vereine und zahlreiche milde Stiftungen. Unter die vorzüglichen Gebäude gehört: das alte Schloß, wo der Gouverneur wohnt und sich eine Sternwarte befindet; das Rathhaus mit der Börse; der Dom; die Peterskirche mit einem 440 F. hohen Thurme, dem höchsten in Rußland; das Ritterschaftshaus und Theater. Vor dem Schlosse ward 1817 von der Kaufmannschaft zum Gedächtniß der Kriegsjahre 1812–14 eine 23 F. hohe Granitsäule mit einem 9 F hohen bronzenen Bilde der Siegesgöttin errichtet. Gegründet ward R. im 12. Jahrh. von Seefahrern aus Bremen und zu Ende desselben vom Bischofe Albert von Brandenburg mit Mauern umgeben; den Schwertrittern gehörte sie unter der Hoheit des deutschen Ordens bis 1521, war jedoch eine Zeit lang auch Mitglied der Hanse und sträubte sich wiederholt sowol gegen die Herrschaft der Ritter wie der Bischöfe. Im J. 1537 nahm R. die evangelische Religion an und kam zufolge eines Vertrags mit dem letzten Heermeister von Liefland 1561 unter poln. Hoheit. In den Kriegen zwischen Polen und Schweden ward die Stadt 1601 und 1605 von den letztern vergeblich belagert, im Sept. 1621 aber nach abermaliger Belagerung von sechs Wochen durch Gustav Adolf eingenommen. Es blieb hierauf bei Schweden, hielt 1658 eine russ. Belagerung aus, ward aber 1710 nach tapferer Vertheidigung von Peter dem Großen, welcher selbst die ersten Bomben in die Stadt geworfen haben soll, für Rußland erobert. Während des franz.-russ. Kriegs von 1812 ward R. von dem zehnten Corps der großen franz. Armee, bei welchem sich das [711] preuß. Hülfscorps unter York befand, von einer Belagerung bedroht und der russ. Gouverneur ließ deshalb die Vorstädte, gegen 1000 Häuser, niederbrennen; doch kam die Einschließung nicht zu Stande. Im J. 1814 wurden durch den Eisgang und damit verbundene Überschwemmung gegen 400 Häuser zu Grunde gerichtet. Eine Stunde von R. liegt ein von Peter I. gegründeter, vom Kaiser Alexander 1820 dem öffentlichen Nutzen überlassener großer Garten mit einem Pflegehause für arbeitsunfähige Arme, einer Arbeits-, Kranken- und Irrenanstalt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 711-712.
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