Thürme

[426] Thürme (die) dienten in früherer Zeit namentlich nur zu Befestungswerken und zu Warten, um den Feind herannahen und in der Umgebung eines festen Platzes beobachten zu können. Die Römer hatten bewegliche Thürme, deren sie sich bei Belagerungen und besonders zum Stürmen bedienten, um die von den Mauern und Thürmen gegen sie kämpfenden Belagerten anzugreifen. Diese Thürme bestanden aus verschiedenen Stockwerken und waren mit Fallbrücken versehen, welche man auf die Mauer der Festung niederließ. Im Mittelalter waren die Burgen mit festen Thürmen versehen, und auch zur Befestigung der Städte, besonders der Thore derselben, errichtete man Thürme. Größere Sorgfalt auf das Äußere der Thürme verwendete man, seit man sie bei christlichen Kirchen anbrachte. In ihnen wurden meist die Glocken aufgehängt, doch dienten sie vorzugsweise nur zum Schmuck der Gotteshäuser, gleichsam als Symbol des durch die Religion himmelanstrebenden Menschengeistes. In älterer Zeit stellte man die Thürme häufig neben die Kirchen; später wurde es allgemein Sitte, sie mit den Kirchen zu verbinden. Auch andere Gebäude wurden mit Thürmen verziert, z.B. Rathhäuser, und vorzüglich benutzte man nachher die Thürme, um große Uhren (Thurmuhren) aufzustellen, welche nun in einem weiten Umkreise beobachtet werden konnten. Der höchste Thurm ist der beim Münster zu Strasburg. Er erhebt sich bis zu einer Höhe von 444 F. Unter allen europ. Bauwerken übertrifft ihn nur die Kuppel der Peterskirche zu Rom, welche bis zu 485 F. emporragt. Andere hohe Thürme sind der 435 F. hohe Thurm der Domkirche zu Ulm, der 421 F. hohe Stephansthurm zu Wien, der 4201/2 F. hohe Michaelisthurm zu Hamburg, der 367 F. hohe Thurm der Petrikirche ebendaselbst, der 338 F. hohe Thurm der St.-Paulskirche zu London und der 330 F. hohe Thurm degli Asinelli zu Bologna. Sehenswerthe Thürme sind ferner zu Köln am Rhein, Regensburg, Nürnberg, Donauwerth, Ingolstadt, Passau, München, Magdeburg, Amsterdam, Antwerpen, Brüssel, Venedig und Mailand. Merkwürdig sind die schiefen Thürme zu Pisa, Bologna und Saragossa (s.d.). Nachdem eine Zeit lang die Thürme der leichten Befestigung durch Gräben und Wälle hatten weichen müssen, sind dieselben in neuerer Zeit wieder als Befestigungswerke aufgekommen. So hat man die an den ital. Küsten des mittelländ. Meeres zur Befestigung dienenden Martellos (s.d.) in England und Frankreich nachgeahmt. Der berühmte Ingenieur Montalembert (gest. 1801) empfahl die Thürme beim Festungsbau, und noch weiter vervollkommnet sind die Maximilianischen Thürme (s.d.).

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 426.
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