Montalembertsche Thürme

[409] Montalembertsche Thürme, befestigte Thürme, folgendermaßen construirt: der Durchmesser des Thurmes beträgt nicht unter 60 u. nicht über 140 Fuß. Der Grund muß tief u. solid ausgemauert werden, da er eine bedeutende Steinlast zu tragen hat, zwischen den Strebepfeilern desselben lassen sich gute Souterrains anbringen, welche man zu Aufbewahrung von Pulver u. Vorräthen aller Art, auch zur Vortreibung von Minenästen (um ein Minengewebe, welches den Feind hindern soll, den Thurm in die Luft zu sprengen, anzulegen) benutzen kann. Das unterste Stockwerk wird nicht rund, sondern in zwölf ein- u. ausspringenden Winkeln, gleich einer Sternschanze, angelegt. Diese Winkel werden so angelegt, daß die eingehenden rechte, die ausspringenden nicht unter 60° sind. Die unteren Mauern sind mindestens 7 Fuß dick u. mit Schießspalten versehen, um gegen den Andrang Stürmender das Infanteriegewehr zu gebrauchen. In den eingehenden Winkeln befinden sich die Eingänge in den Thurm. Um sie aber noch besser zu vertheidigen, sind noch vor jedem Eingange bes. Mauern in Form eines ausgehenden Winkels gebaut u. ebenfalls mit Schießspalten versehen, die Thürme aber sind mittelst doppelter Bohlen geblendet. Die ausgehenden Winkel springen stets 3 bis 6 Fuß über die eigentliche Tracirung, u. dieselben dienen auch als Strebepfeiler, auf denen das Gewölbe der oberen Stockwerke zum Theil ruht, außerdem sind zur Tragung desselben noch besondere Pfeiler im Innern des Thurmes aufgemauert. Die Bogen zwischen den ausspringenden Winkeln dürfen nicht über 30 u. nicht unter 12 Fuß breit werden. In dem zweiten, völlig rund gebauten Stock werden nun bei Thürmen von 60 Fuß Durchmesser 12, bei 140 Fuß Durchmesser 24 Kanonen aufgestellt. Gleiches findet auch beim dritten Stock statt. Über diesem schließt sich das Gewölbe wieder. Oben ist eine gemauerte Brustwehr, u. es stehen dort wieder eben so viel Geschütze. Auf der Plateforme, od. vielmehr auf den Strebepfeilern, erhebt sich noch ein Thürmchen mit 3 Fuß dicken Mauern, wo wieder in zwei Etagen Schießspalten für Büchsenschützen angebracht sind, u. welches von unten auf den Kern des ganzen Gebäudes bildet. Im Innern dieses Kernes befindet sich die Treppe, welche die Communication zwischen den einzelnen Etagen erhält etc. Solche Thürme sollen nun entweder als Reduits im Innern der ausspringenden Winkel der Festung, od. als detachirte Forts vor vorzüglich bedrohten Fronten derselben angelegt werden. Im letzteren Falle wird jeder derselben mit einem eigenen Mantel, aus Brustwehr u. Graben bestehend, versehen, auch in dem Kellergeschoß ein Brunnen zur Gewinnung des nöthigen Wasserbedarfs für die Besatzung gegraben. Der Nutzen solcher Thürme ist zwar noch nicht durch die Erfahrung erprobt, aber mit Gewißheit zu präsumiren. Ein solcher ist in Kosel durch den preußischen General Lindner schon 1802 als Reduit, nach 1816 aber bei der Befestigung von Coblenz u. Köln als detachirte Forts vor den Fronten der Festungen in Anwendung gekommen, jedoch hat man bei letzteren nur Thürme in Form eines Halbkreises erbaut, u. die nach der Festung zugekehrte Seite des Thurmes mit einer geraden Mauer geschlossen. Auch in Wittenberg hat man die alten Thürme des Schlosses zu ähnlichen kasemattirten Geschützständen eingerichtet.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 409.
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