Liefland

[746] Liefland oder Livland ist ein zu den Ostseeprovinzen des russ. Reichs gehöriges Gouvernement, welches gegen N. an Esthland, gegen O. an Petersburg und Pskow, gegen S. an Witebsk und Kurland, gegen W. an den Meerbusen von Riga grenzt und 720 ! M. umfaßt, auf denen 763,000 Einw. leben. Das Land ist im Ganzen eben und wird nur von einigen Hügelketten durchzogen; es ist reich bewässert, wie denn in ihm der Peipus- und Würzsee, sowie viele Sümpfe und Moore liegen, die Düna, Aa und Pernau es durchfließen. Die wichtigsten Producte sind: Getreide, Hülsenfrüchte, Hanf, Salz, Steinkohlen, Schiefer, Sandstein, Wild, Bienen und Fische. Das gesunde Klima ist im Winter kalt, im Sommer dagegen mild. Esthen, Letten und Liven bilden die Hauptmasse der Bevölkerung. Letten und Liven haben sich untermischt, unterscheiden sich aber von den Esthen noch durch Sitten und Kleidung. Deutsche und Russen findet man in den Städten. Die größte Zahl der Bewohner bekennt sich zur Lutherischen Kirche. Das Gouvernement zerfällt in fünf Kreise; Hauptstadt ist Riga (s.d.). Nach ihr sind die wichtigsten Städte: Dorpat (s.d.) und Pernau am rigaischen Meerbusen mit 6500 Einw., welche Handel mit Flachs und Leinsamen treiben. Zu L. werden auch die Inseln Ösel am Eingange des rigaischen Meerbusens mit 31,000 esthischen Bewohnern, 110 ! M. umfassend, und die Insel Runde im rigaischen Meerbusen, auf welcher Schweden wohnen, gerechnet. – L. trat erst seit dem 12. Jahrh., wo bremer Kaufleute dorthin kamen und nachher Niederlassungen gründeten, mit dem übrigen Europa in Verbindung. Der Augustinermönch Meinhard kam 1186 nach L., bekehrte die Bewohner zum Christenthume und wurde der erste Bischof des Landes. Indeß gewann die neue Religion erst durch den dritten Bischof Albrecht, welcher 1203 die Stadt Riga erbaute, Festigkeit. Gegen Ende des 13. Jahrh. bemächtigte sich der dän. König Knut IV. des Landes, und in der Folge trat es Dänemark gegen Geld an den deutschen Orden ab, mit welchem sich der vom Bischof 1201 gestiftete Schwertbrüderorden verband. In der Folge zerfiel der Staat der deutschen Ritter und L. wurde 1561 mit Polen verbunden. Schweden und Rußland machten indeß auch Ansprüche auf L. Durch den Frieden von Oliva 1660 kam es an Schweden und wurde mit Esthland vereinigt, durch den nystädtischen Frieden 1721 mit Esthland an Rußland.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 746.
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