Palmsonntag

[390] Palmsonntag heißt der Sonntag vor Ostern oder der letzte Sonntag in den Fasten, an dem Christus seinen feierlichen Einzug in Jerusalem hielt, wobei ihm Palmen auf den Weg gestreut wurden und durch welchen er sich seinen Jüngern, der Nation und der Menschheit als den verheißenen Messias und Gründer des Gottesreiches erklärte, und dadurch zugleich jedem Wahn der Gründung eines sichtbar irdischen Reichs entgegentrat. In Bezug auf die Festbegebenheit ward er auch Blumensonntag, Blumentag, grüner Sonntag genannt und im 6. Jahrh. eingeführt. Er bildet den Eingang zum Osterfeste, indem er die große Woche eröffnet, weshalb auch früher an ihm das Andenken an die Auferweckung des Lazarus, als Vorbild von Christi Erweckung, gefeiert wurde. In der katholischen Kirche ist der Palmsonntag durch eine feierliche Ceremonie, die Palmweihe, ausgezeichnet, bei der in der mit Blumen und Zweigen geschmückten Kirche eine große Anzahl Zweige am Hauptaltare niedergelegt von einem herzutretenden Geistlichen mit Weihwasser, Räucherungen und Segensformeln geweiht und dann unter die Kirchenmitglieder vertheilt werden. Besonders feierlich ist die Palmweihe in Rom, wo sie vom Papste vollzogen wird, der sich deshalb stets in Procession in die Kirche begibt. Die geweihten Zweige selbst werden bei Krankheiten für heilsam gehalten und zum vermeintlichen Schutze der Saaten vor dem nachtheiligen Einflusse ungünstiger Witterung gebraucht. Eine Art Volksschauspiel war der seit dem 7. Jahrh. zur lebendigen Vergegenwärtigung des Einzugs Christi in Jerusalem gehaltene feierliche Aufzug mit einem meist hölzernen Esel, welcher Palmesel genannt wurde; das Bild eines Geistlichen oder auch ein wirklicher Geistlicher, in einer besondern Kleidung, ritt auf demselben und stellte Christum vor. Unter dem Geläute der Glocken und Gesang wurde dieser hölzerne Esel von vier, mit Chorröcken angethanen Personen herumgetragen oder gefahren, und selbst in die Kirche unter der Begleitung des Volkes geführt, das allerlei Aberglauben daran knüpfte. Bei den Protestanten ist das Palmfest nur dem Namen nach bekannt, doch wird an ihm die gewöhnliche Sonntagsfeier dadurch erhöht, daß die jungen Confirmanden zum Genusse des h. Abendmahls eingesegnet werden oder auch zum ersten Mal dasselbe empfangen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 390.
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