Rhabarber

[686] Rhabarber (die) war als Heilmittel bei Arabern und Griechen sehr frühzeitig bekannt, wird in Deutschland aber erst seit 250 Jahren dazu angewendet. Ihren Namen hat die Wurzel, welche diesen Arzneikörper liefert, von dem griech. Rha, dem frühern Namen der Wolga, an deren Ufern eine Art der Rhabarberpflanze wächst. Weil man nun später nicht blos von da, sondern auch aus dem weiter entfernten [686] Scythien diese Wurzeln erhielt, so ward die eine Sorte Rha ponticum, die vom schwarzen Meere und die andere Rha barbarum, barbarische, genannt. Erst in der neuesten Zeit ist man über die Art der Rhabarberpflanze ins Reine gekommen, welche die echte, heilkräftige Rhabarberwurzel liefert. Es ist das nämlich eine krautartige, in einer Höhe von 11,000 F. über dem Meere auf dem Himalajagebirge wachsende Pflanze mit röthlichen Stengeln und Blüten und zusammengedrückten Blattstielen. Die Wurzeln werden nur von 6–8jährigen Pflanzen gesammelt und scheinen im frischen Zustande armsdick zu sein, ehe sie geschält, zugeputzt und behufs des Trocknens in Stücke geschnitten werden. Von dem im Handel vorkommenden Rhabarber ist die vorzüglichste Sorte die chines., welche aber verschiedene, von den Nationen hergenommene Namen führt, welche dabei die Vermittler machen. Die beste darunter ist die russ. oder moskowitische, auch wol bucharische genannt, welche von bucharischen Kaufleuten nach Kiächta, dem Haupthandelsplätze zwischen Rußland und China an der russ. Grenze, gebracht und dort von russ. Regierungsbeamten genau untersucht werden. Alle verdorbenen und schlechten Stücke werden verworfen und auch die runden Löcher in manchen rühren von dem bei der Untersuchung vorgenommenen Anbohren derselben her. Die guten schickt man in sorgfältig verwahrten Kisten nach Moskau und Petersburg, wo sie nochmals geprüft werden, bevor sie in den Handel kommen dürfen. Andere Sorten, sogenannte ind., auch holländ. und dän. Rhabarber, werden von Kanton aus zu Wasser nach Europa gebracht, sind aber weniger sorgfältig ausgelesen und geringer. In einigen Gegenden von Europa und Amerika wird die Rhabarberpflanze zu ärztlichem Gebrauche zwar ebenfalls angebaut, liefert aber keine den echten an Heilkräften gleiche Wurzeln. Als Heilmittel wird die Rhabarber in Form von Pulvern und Pillen, im wässerigen und geistigen Auszug häufig als gelind abführendes, die Unterleibseingeweide zugleich kräftigendes Mittel angewendet, die schlechtern Wurzeln aber benutzt man als Färbematerial. Mit Wasser gibt nämlich die Rhabarberwurzel eine pomeranzen- und feuergelbe, durch Zusatz von Kochsalz röthlichbraune Farbe. Neuerdings werden auch mehre Arten, besonders Rheum ondulatum, und R. hybridum, als Gemüsepflanzen angebaut, von denen Blattstiele und Blütenköpfe auf eine dem Spargel ähnliche Weise benutzt werden, aber viel reichlichern Ertrag geben. Die Pflanzen sollen in fettem, aber sandigem und tiefgegrabenem, nicht feuchtem Boden 11/2–2 F. weit gepflanzt und im Herbst mit kurzem Dünger bedeckt werden, der im Frühjahr umgegraben wird. Im Herbst des zweiten Jahres werden die Beete nach erfolgter Düngung mit seinem Flußsand einen Fuß hoch beschüttet, die Stelle jeder Pflanze aber mit einem Stock bezeichnet, und hier der Sand noch höher angehäuft. Durch diesen treibt nun im folgenden Frühjahr die Rhabarber ihre Blätter, welche zusammengerollt an dicken, markigen, blaßgelben Stielen sitzen, aber nur wohlschmeckend sind, so lange das Blatt noch weiß sieht und nicht über den Sand hinausgewachsen ist. Zubereitet werden sie wie Blumenkohl, oder in kurze Stücke geschnitten mit allerhand Würze zu Mus gekocht; auch geben sie eine in England sehr beliebte Fülle für Backwerk und die Blätter allein werden als Salat genossen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 686-687.
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