Schwefel

[668] Schwefel (lat. Sulfur, chem. Zeichen S), nichtmetallisches Element, findet sich frei in der Nähe von Vulkanen, bes. auf Sizilien, in vielen Mineralien (Kiesen, Glanzen, Blenden), in schwefelsauren Salzen, im Tier- und Pflanzenreich in den Albuminstoffen, leimgebenden Geweben etc., im Senf, Zwiebel, Meerrettich; in Schwefelquellen als Schwefelwasserstoff. S. wird auf Sizilien durch Ausschmelzen von erdigen Bestandteilen befreit (brockenförmiger Roh-S.). Der Roh-S. wird durch Destillation aus eisernen Kesseln gereinigt und in gemauerten Kammern verdichtet; bei langsamer Destillation scheidet er sich als feines kristallinisches Pulver ab (Schwefelblumen, Schwefelblüte), bei rascher Destillation erhitzen sich die Kammern so, daß der S. schmilzt und in hölzerne Formen abgelassen wird (Stangen-S.); der Destillationsrückstand bildet den in der Tierheilkunde benutzten grauen S. (Roß-S.). Gewöhnlicher S. ist gelb, spröde, kristallinisch, Nichtleiter für Elektrizität, wird durch Reiben elektrisch, ist geruch- und geschmacklos, in Wasser unlöslich, etwas löslich in Weingeist und Äther, ziemlich leicht in fetten und ätherischen Ölen, leicht löslich in Benzol und Schwefelkohlenstoff; Atomgewicht 32,06, spez. Gewicht 2,07; schmilzt bei 114°, wird bei 160° zähe und dunkelbraun, über 230° wieder flüssig, siedet bei 448°. Bei langsamem Abkühlen aus geschmolzenem Zustand erstarrt der S. in langen, etwas biegsamen, bernsteingelben Prismen (prismatischer S.); über 230° erhitzter S., in kaltes Wasser gegossen, gibt eine amorphe, plastische, dunkelbraune Masse (plastischer oder elastischer S.), die sich nur zum Teil in Schwefelkohlenstoff löst; es hinterbleibt unlöslicher amorpher S. Aus Polysulfiden durch Säuren abgeschieden, bildet der S. ein feines, schmutzigweißes amorphes Pulver (Schwefelmilch). Bei längerm Stehen gehen alle Modifikationen in gewöhnlichen S. über; an der Luft erhitzt, verbrennen sie bei 260° mit blauer Flamme zu dem stechend riechenden Schwefligsäureanhydrid. S. dient zur Herstellung von gewöhnlichem Schießpulver, Streichhölzern, Abgüssen, zum Vulkanisieren von Kautschuk, zu Kitten (mit Steinzeugpulver: Zeiodelit, mit Eisenfeilspänen, Salmiak und Wasser: Eisenkitt), ferner zur Darstellung der Schwefelverbindungen, zum Schwefeln (s.d.) etc., medizinisch als schweißtreibendes und die Darmentleerung beschleunigendes Mittel, äußerlich zu Salben und Räucherungen. – Chemisch verhält sich der S. dem Sauerstoff ähnlich, verbindet sich mit Wasserstoff, Phosphor und den Metallen zu oxydartigen Verbindungen, den Sulfiden (Sulfureten) und Sulfüren, die teils basisch sind (Sulfo- oder Thiobasen), teils säureartig (Sulfo- oder Thiosäuren), und die sich miteinander zu schwefelhaltigen Salzen (Sulfo- oder Thiosalzen) vereinigen können; die Sulfide der Alkalimetalle verbinden sich mit Schwefelwasserstoff zu Sulfhydraten (Hydrosulfiden, ähnlich den Hydroxyden), nehmen beim Kochen oder Schmelzen S. auf und bilden dann Di., Tri-, Tetra- und Pentasulfide (Polysulfide, ähnlich den Superoxyden). Mit Halogenen und Sauerstoff verbindet sich der S. in mannigfachen Verhältnissen. Schwefelwasserstoff (Wasserstoffsulfid, früher Hydrothionsäure) findet sich in Vulkangasen und Mineralquellen (Schwefelwässern), entsteht beim Faulen schwefelhaltiger organischer Körper (daher sein Vorkommen in den Darm-und Kloakengasen), wird bereitet aus Schwefelmetallen (Eisensulfür) durch Übergießen mit verdünnten Säuren; farbloses, giftiges, unangenehm nach faulen Eiern riechendes Gas, verbrennt an der Luft zu schwefliger Säure und Wasser, explodiert mit Luft oder Sauerstoff gemischt beim Entzünden heftig, löst sich in Wasser zu Schwefelwasserstoffwasser und wirkt stark reduzierend, scheidet die meisten Metalle als Schwefelmetalle aus ihren Lösungen ab, schwärzt durch Bildung von Sulfiden Silber, Kupfer, Bleiweiß etc. Schwefelchloride: Einfach-Chlor-S. (Schwefelmonochlorid, Schwefelchlorür, früher Halb-Chlor-S.), dunkelgelbe, erstickend riechende, an der Luft rauchende Flüssigkeit, löst 70 Proz. S., dient zum Vulkanisieren von Kautschuk, geht beim Einleiten von Chlor in Zweifach-Chlor-S. (Schwefeldichlorid) und bei sehr niederer Temperatur in Vierfach-Chlor-S. (Schwefeltetrachlorid) über. Schwefeljodür (Jod-S.) dient zu Salben gegen Hautkrankheiten. Von Oxyden des S. sind wichtig Schwefeldioxyd und Schwefeltrioxyd, letzteres das Anhydrid der Schwefelsäure (s.d.). Ersteres, das Schwefligsäureanhydrid, wird hergestellt durch Verbrennen von S. und Rösten von Sulfiden, stechend riechendes, erstickend wirkendes, giftiges, farbloses Gas, verbindet sich mit Wasser zu schwefliger Säure, die sich leicht zu Schwefelsäure oxydiert und daher stark reduzierend und bleichend wirkt. Sie kommt verflüssigt in den Handel und wird technisch vielfach verwendet (zum Bleichen, Konservieren, Desinfizieren, als Feuerlöschmittel etc.). Sie liefert neutrale und saure Salze (Sulfite und Bisulfite); Natriumsulfit (neutrales schwefligsaures Natrium), farblose Kristalle, wird in der Photographie verwendet; Natriumbisulfit (saures schwefligsaures Natrium), im Handel als kristallinisches Salz oder konzentrierte Lösung (Bisulfitlauge), dient in der Papierfabrikation zum Entfernen des überschüssigen Chlors (Antichlor, Leukogēn), zum Bleichen und Desinfizieren; Kalziumbisulfit (saures schwefligsaures Kalzium) wird in Lösung als Sulfitlauge zur Herstellung von Zellulose und als Desinfektionsmittel benutzt. Thioschwefelsäure (früher unterschweflige Säure), nur in ihren Salzen (Thiosulfate, Hyposulfite) bekannt, zerfällt, durch stärkere Säuren in Freiheit gesetzt, in schweflige Säure, S. und Wasser; Natriumthiosulfat (unterschwefligsaures Natrium), große, leicht in Wasser lösliche Prismen, löst Silberverbindungen, dient in der Photographie zum Fixieren der Bilder (Fixiernatron), als Antichlor und in der chem. Analyse. Ebenfalls nur in Salzen und in wässeriger Lösung bekannt, sind die Polythionsäuren (Di-, Tri-, Tetra- und Pentathionsäure). Überschwefelsäure entsteht in wässeriger Lösung durch Elektrolyse von verdünnter Schwefelsäure bei 0°; ihre Salze (Persulfate), bes. das Kaliumpersulfat und Ammoniumpersulfat, dienen in der Technik als kräftige Oxydationsmittel und zum Bleichen.

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 668.
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