Bilder

[537] Bilder, Bilderdienst, Bilderverehrung, Bilderanbetung, Bildersturm. – Daß die bildenden Künste durch Darstellung berühmter Personen. schöner u. großer Thaten, durch die Veranschaulichung sittlicher und religiöser Ideen das Gemüth des Menschen eben so lebhaft als wohlthätig anregen, ist eine unbestreitbare Thatsache und durch die Erfahrung aller Zeiten erwiesen. Den Israeliten war allerdings verboten sich von Jehovah B. zu machen, dies hatte aber seinen natürlichen Grund in der Zucht, welche für das auserwählte Volk nothwendig war, wenn es seine Religion nicht mit heidnischen Zusätzen amalgamiren sollte. Daß auch die ersten Christen keine religiösen B. hatten, ist sehr begreiflich, denn ihre Religion war in den ersten Jahrh. eine verfolgte, ihre Kirchen Höhlen oder Räume in Privatwohnungen, die in keiner Weise die Kennzeichen christlicher Versammlungsorte tragen durften, wenn sie nicht aufs äußerste gefährdet sein sollten. Indessen beweisen die B. in den röm. Katakomben, daß die Christen im 2. Jahrh. manigfaltige religiöse B. hatten. und als seit Constantin die Verfolgungen aufhörten u. sich die christlichen Gotteshäuser aller Orten erhoben, entfaltete sich bald ein großer Reichthum der christl. bildenden Kunst. Als der Islam im 8. Jahrh. gegen das byzantinische Reich anstürmte und der gesammten Christenheit den Untergang drohte,. konnte es wohl nicht ausbleiben, daß er eine Laune seiner Wuth auch gegen Kirchen und B. kehrte, es war aber ein ganz unglücklicher Gedanke des Kaisers Leo des Isauriers, wenn er mit einem selbst unternommenen Sturme gegen die B. den Angriff mohammedanischer Eroberer zu stillen wähnte. In despotischer Weise schleuderte er 726 ein Decret, welches die Verehrung der B. verbot und deren Entfernung aus den Kirchen befahl und 730 verschärfte er dasselbe. Dieser Kampf der byzantin. Despoten dauerte unter Leoʼs Nachfolgern, Constantin Kopronymus (741–775), Leo Nicephorus (802–811), Leo dem Armenier (813–820), Theophilus (829–842). Die kirchlichen Vorsteher konnten das despotische Walten der Kaiser in den [537] Kirchen und selbst in den Häusern, denn bis dorthin wurden die B. verfolgt, nicht geradezu geschehen lassen und das Volk hatte noch viel weniger Neigung, eine solche Gewalt des Kaisers anzuerkennen, daher wurde der B.sturm zu einem Kampfe, der nicht auf seinem ursprünglichen Boden blieb, sondern zu einem politischen für wechselndes Interesse sich gestaltete. Die griechische Geistlichkeit, die Mönche, das Volk widersetzten sich den B.stürmern (Ikonoklasten. Ikonokausten, Ikonomachen), die Päpste aber verurtheilten ihre Gewaltthätigkeiten als gegen Recht, Sitte, Gebrauch und Lehre verstoßend; eine kaiserl. Synode bestätigte zwar 754 den zerstörenden Willen des Kaisers, aber die zweite allgem. Synode von Nicäa 787 unter Papst Hadrian II. vernichtete deren Beschlüsse, rechtfertigte den von der Kirche überlieferten Gebrauch der B. u. verbot die Zerstörung derselben. Als dessen ungeachtet der Sturm sich später erneuerte, führte er zu einem Aufstande des Volkes in Italien gegen den Kaiser, die Lombarden benutzten diese Gelegenheit u. die italien. Provinz, das sogenannte Exarchat, ging für die byzantin. Kaiser für immer verloren. Schon damals wurde den B.stürmern von den kirchl. Organen gesagt, daß die Kirche die Anbetung der B. (Idololatrie, Ikonolatrie) als einen Götzendienst verbiete, daß sie aber die B. als nützlich und wohlthätig zur Erweckung frommer Gesinnungen halte, daß man sie verehren dürfe u. solle als Abbilder hehrer Wesen, daß diese Verehrung den Urbildern, die sie vorstellen, nicht aber dem Stein, oder Holz oder Metall gelten. aus denen der Künstler sie gefertigt hat. Später wiederholten einzelne Häresien im Mittelalter die B.stürmerei und die Reformation gab ihr einen Umfang, den sie nie erreicht hatte; Karlstadt machte den Anfang, diesem that jedoch Luther Einhalt, der ruhig und allmälig aufräumen wollte, hingegen wütheten die sogen. »Reformirten« in der Schweiz. den Niederlanden. den meisten deutschen Reichsstädten um so ärger u. zerstörten unschätzbare Denkmale alter und neuer Kunst; auch jetzt hießen die B. wieder »Götzen«, die Verehrung der B. »Götzendienst«. Das Concil von Trient bestimmte in Betreff der B., daß keines aufgestellt werde, dessen Darstellung irgend eine falsche oder abergläubische Ansicht veranlassen könnte, keines soll mit frechen Reizen geschmückt oder gemalt werden, überhaupt soll die Kunst alles Absonderliche meiden und sich an die Kirche halten; daß sie die Anbetung der B. verwirft u. deutlich erklärt, wie die Verehrung derselben beschaffen sein soll (Sessione XXV, de invoc.), ist den Katholiken bekannt; daß der Kirche aber bis heute dennoch von protestant. Seite Anbetung der B. u.s.w. vorgeworfen wird, daran trägt wenigstens die Kirche keine Schuld. Dagegen kann ihr die Kunst nicht genug danken, daß sie von ihr unter ihren Schutz genommen und ihrer Pflege theilhaftig wurde; denn ohne die Kirche wäre sie in der Zeit der byzantin. und reformator. B.stürmerei vertrieben und als eine Tochter des Heidenthums geächtet worden.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 537-538.
Lizenz:
Faksimiles:
537 | 538
Kategorien: