Bonifacius [1]

[608] Bonifacius. Apostel der Deutschen, wurde zwischen 680–83 zu Crediodunum (Kirton in Devonshire) geb. und Winfried getauft. Seiner Neigung ungern nachgebend, ließen ihn die wohlhabenden Eltern im Kloster Adelstancastre (Stadt Exeter) erziehen. in Nutshelle wurde er Benediktiner und als Lehrer der Klosterschule berühmt; 30jährig Priester ward er um seiner Beredtsamkeit und Gelehrsamkeit willen zu vielen Synoden beigezogen. 716 betrat B. Friesland als Glaubensbote, doch die Friesen kämpften gerade mit den Franken und er mußte nach England zurück. 718 reiste er nach Rom, wo ihm Papst Gregor II. am 15. Mai 719 den Missionsbrief für Deutschland ausstellte. Aus Italien kam er über Baiern u. Thüringen an den Rhein. dann nach Friesland u. von dort wiederum nach Thüringen u. nach der Gründung des ersten Klosters an der fränk. Saale, Hamelburg, ins Hessenland, wo er viele Tausende taufte. Deßhalb nach Rom eingeladen, wurde er 723 zum Bischof von Deutschland ohne bestimmten Sitz gewählt u. kehrte mit einem Schutzbriefe Karl Martells nach Hessen zurück, wo er 724 das frühere Hauptheiligthum des Volkes, die Thors- oder Donnerseiche fällte u. aus ihrem Stamme eine Kapelle des hl. Petrus bauen ließ. Die Sage hat B. unglaublich viele Thaten und Stiftungen um diese Zeit zugeschrieben, die sichersten und zugleich wichtigsten sind Gründung des Klosters Ohrdruf (724 bis 27) und Herbeirufung von Mitarbeitern aus England. Mit dem Aufblühen [608] der Frauenklöster Kitzingen. Ochsenfurth und Bischofsheim war für die Erziehung und Bildung des weiblichen Geschlechtes Fürsorge getroffen. 732 gründete B. die Klöster Fritzlar und Amöneburg, Papst Gregor III. aber sandte ihm das erzbischöfliche Pallium mit der Vollmacht, überall Bisthümer u. Klöster zu errichten. Erfolglos suchte B. die Sachsen zu bekehren, stellte alsdann allerlei Uebelstände und Irrlehren in Baiern ab u. pilgerte 738 mit vielen Gefährten nach Italien, damit dieselben Monte-Casino kennen lernten. Zurückkehrend wurde B. vom Herzog Odilo von Baiern eingeladen, die lang angestrebte kirchliche Organisation des Landes zu Stande zu bringen. Er theilte Baiern in die 4 Diözesen Salzburg, Freisingen, Regensburg und Passau und setzte Bischöfe ein. 739 bestätigten der Papst und eine Reichssynode alle Einrichtungen. 741 Stiftung der Bisthümer Würzburg für Franken, Büraburg für Hessen, Erfurt für Thüringen; der für den Nordgau geweihte Willibald aus Monte-Casino gründete das Kloster Heidenheim u. um seine kleine Marienkapelle an der Altmühl entstanden rasch Stadt u. Bisthum Eichstädt. 742 fand das erste deutsche Nationalconcil statt, 743 das Concil von Liftinä, 744 von Soissons. Karlmanns Freigebigkeit u. Sturms, seines Schülers, Hilfe setzten B. in Stand, durch Gründung des Klosters Fulda, welches bald zum Monte-Casino Mitteldeutschlands wurde, einen Lieblingsgedanken zu verwirklichen. Nachdem er lange vergeblich gestrebt, Köln zum Metropolitansitze Deutschlands zu machen, übernahm er den Stuhl von Mainz und war 747 päpstlicher Legat für Germanien und Gallien, Erzbischof von Mainz und Primas von Deutschland. 752 salbte B. Pipin in Soissons zum Könige der Franken, legte die erzbischöfliche Würde in die Hände seines Schülers nieder, nahm auf einem Concil ahnungsvoll öffentlichen Abschied und wanderte 753 als einfacher Missionär nach Friesland, um die Bekehrung desselben zu vollenden. Aber 755 am 3. Juni empfing er mit 52 Gefährten in der Nähe von Leuwarden bei Dokum die Palme des Martyrthums. Sein Leichnam kam von Utrecht nach Mainz und wurde später in seiner Lieblingsstiftung Fulda beigesetzt. Schon im Todesjahre beschloß ein Concil in England, daß B.s Todestag jährlich gefeiert werden soll, auf dem Festlande wird er seitdem als Martyrer u. Heiliger verehrt, viele Kirchen, Kapellen, Stiftungen und Vereine tragen seinen Namen; ein schönes Denkmal hat ihm König Ludwig I. von Baiern gesetzt. – Die B. zugeschriebenen Briefe, die ältesten Dokumente der Christianisirung unserer Voreltern sind von Serrarius (Mainz 1605 und 1629) und Würdtwein (Mainz 1789) herausgegeben, doch weder vollständig gesammelt noch kritisch bearbeitet. Predigten sammelten Martene u. Durand. 1842 machte Thomas Wright die im britischen Museum befindliche Handschrift eines größeren Gedichtes B.s bekannt, in neuester Zeit entdeckte der Cardinal Angelo Mai eine B. zugeschriebene lat. Grammatik. Die neueste Lebensbeschreibung lieferte Seiters (Mainz 1845).

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 608-609.
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