Sibirien

[203] Sibirien, Siberien, der nördliche Theil von Asien, von dem nördl. Eismeer, dem nördl. stillen Ocean, dem chin. Reich, der freien Tatarei u. dem europ. Rußland begränzt, über 240000 QM. großes, zu Rußland gehöriges Land, in den südl. Theilen reich an Getreide und Wald, vom 65° nördlicher [203] Breite an eine mit verkrüppeltem Gesträuch, Moos u. Morast bedeckte Einöde. Altai u. Ural sind reich an Gold, Kupfer, Eisen und Platina, die Wälder an kostbarem Pelzwerk, die Ströme an Fischen, das aufgeschwemmte Land an fossilem Elfenbein (Mammuth). Die Ureinwohner (Samojeden, Ostiaken, Jakuten, Jukagiren etc.) sind meistens Nomaden, zum Theil noch Heiden; die Zahl der Verbannten soll 130000 betragen; die freiwillige Einwanderung in die südl. Theile und in die Bergwerksbezirke hat neuester Zeit sehr zugenommen, so daß die Gesammtzahl der E. gegen 3 Mill. gestiegen ist. Die Zahl der jährlich nach S. Verbannten mag gegen 10000 betragen; Staatsgefangene haben Arrest oder sind in Städte und Dörfer confinirt; die wegen leichten Verbrechen Verbannten leben in Zucht und Arbeitshäusern oder werden als Bauern angesiedelt; schwere Verbrecher kommen in die Bergwerke. Durch Arbeitsamkeit u. Wohlverhalten kann der Verbannte sein Loos mildern; zum Zobelfang wird keiner verwendet. Eine gut schließende Kette von Kosackenposten macht die Flucht nahezu unmöglich. Ganz S., mit Ausnahme der Kirgisensteppe, zerfällt in die 2 Generalgouv.: West-S., mit der Hauptst. Tobolsk, u. Ost-S., mit der Hauptstadt Irkutsk; Ost-S. enthält die Gouvern. Tobolsk, Tomsk, das Gebiet von Ssemipolatinsk und die Kirgisensteppe; West-S. die Gouv. Irkutsk, Jakutsk, Jenisseisk, die Seeverwaltung von Kamtschatka u. das Gebiet von Baikal. (Vergl. über S. Asien, Amur, Irkutsk etc., die Werke von Hansteen, Leipz. 1853; von Syzania, London 1852.) S. wurde 1577 durch versprengte don'sche Kosacken theilweise erobert, von 1583–1639 vollständig unterworfen, am Ende des Jahrh. Kamtschatka nachgeholt. Kolonisirt wurde es zuerst durch freiwillige Einwanderer, alsbald durch Verbannte, einigemal auch durch Kriegsgefangene.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 203-204.
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