Gemäldekonservierung [1]

[375] Gemäldekonservierung. Die ersten Bedingungen für die Konservierung von Gemälden sind trockene, luftige, möglichst gleichmäßig erwärmte Aufbewahrungsräume, Schutz vor direktem Sonnenlicht und Vermeidung der Nähe von Heizungen.

Bei gefunden Oelgemälden geschieht die Reinigung von Schmutz durch Wasser mittels eines Bausches entfetteter Watte, indem man am besten von der Mitte des Bildes aus gegen die Ränder streicht. Dabei muß die Benetzung des Malgrundes mit Wasser vermieden werden. Hartnäckig haftende Schmutzstellen sind durch vorsichtige Anwendung von Lauge zu beseitigen. Auch Gemenge von Alkohol und Terpentinöl mit Zusatz von Balsam und Oelen, welche die Wirkung des Alkohols mildern, sind zweckmäßig und müssen bei Temperagemälden, die kein Wasser vertragen, benutzt werden. Trüb gewordener Harzfirnis wird entweder durch Reiben mit Harzpulver mittels des Fingers entfernt oder nach dem Pettenkoferschen Verfahren regeneriert. Nach diesem wird eine Flanellschicht innen auf dem Boden einer Kille angeleimt und dann mit Alkohol befeuchtet, doch nur in dem Maße, daß kein Alkohol bei dem Umwenden der Kiste abtropfen kann. Man stülpt die Kiste über das mit der Schauseite nach oben gerichtete Bild, worauf oft in wenigen Minuten der verdunstende Alkohol den Firnis durch Aufquellen aufhellt. Nach Wegnahme der Kiste ist das Bild an einem staubfreien und trockenen Orte sich selbst bis zur Erhärtung des Firnisses zu überlassen. – Bei trüben Oelfirnissen empfiehlt sich nach Pettenkofer Einreiben von Kopaivabalsam, nötigenfalls in wiederholtem Wechsel mit der Alkoholbehandlung. Zur Entfernung von altem Oelfirnis ist die milde Kopaivabalsam-Ammoniakseife geeignet. – Das vom Firnis befreite Bild wird nach dem Abwaschen mit Wasser und nach dem Trocknen am besten mit einem guten Mastixfirnis überzogen. – In der Farbe befindliche Löcher füllt man meistens mit einem geleimten Kreidegrund aus. Die Beseitigung von Blasen versucht man vielfach durch Anstechen, Einlaufenlassen von dünner Leimlösung, Ueberkleben mit durchsichtigem Oelpapier und Glätten durch Bügeln zu erreichen [1], [2], [3]. Ist der Malgrund schadhaft, so findet entweder eine Verstärkung oder ein Ersatz statt. Stellenweise morsche Leinwand wird mit neuer unterzogen, die nach dem Aufleimen mit warmen Metall- oder Holzwalzen angedrückt wird; bei drohendem gänzlichen Zerfall der Leinwand oder bei stark wurmstichigem Holzgrund schreitet man zum Ersatz durch das sogenannte Rentoilieren. Dies geschieht, indem man die Bildseite mit seinem Nesseltuch und mehreren Lagen von Papier mittels Kleisters überzieht. Nach dem Trocknen wird das Bild umgelegt, die alte Leinwand mit warmem Wasser abgezogen oder das Holz abgekratzt oder abgeschabt und neues Material hintergeklebt. Nach dem Trocknen ist dann das Nesseltuch und Papier wieder durch Aufweichen mit Wasser zu entfernen [2]. Alte übertünchte oder überputzte Wandmalereien werden auf mechanischem Wege durch eine messerartige dünne, an der Spitze abgerundete Stahlklinge an einem Griff, bisweilen auch durch vorsichtige Prellschläge mit einem Holzhammer oder mit Leder überzogenen eisernen Hammer entfernt. Die weitere Reinigung geschieht durch Abstauben und Abwaschen mit Wasser, das bei Tempera- und Kaseinfarben durch Benzin zu ersetzen ist. Für die dauernde Erhaltung ist die Entfernung von Feuchtigkeit durch zweckmäßige Lüftungsvorrichtungen die erste und wichtigste Maßregel. Eine Fixierung abgehender Farbe wird durch Tränkung mit Kalk- oder Käsewasser, in gewissen Fällen auch durch ein Ueberstreichen mit in Terpentinöl gelöstem Wachs bewirkt [4]. Ist zur Erhaltung eine Abnahme der Wandmalerei nötig, so muß die Bildseite erst unterstützt werden, bevor man mit dem Abtragen der Rückseite beginnt. Näheres in [5].


Literatur: [1] Pettenkofer, M. v., Ueber Oelfarbe und Konservierung der Gemäldegalerien durch das Regenerationsverfahren, Braunschweig 1870. – [2] Frimmel, Th. v., Handbuch der Gemäldekunde, Leipzig 1904, 2. Aufl. – [3] Technische Mitteilungen für Malerei von A. Keim, München, seit 1884. – [4] Denkmalpflege, Berlin 1905, 5. Jahrg., S. 117. – [5] Zentralbl. der Bauverwaltung 1887, 7. Jahrg., S. 206; 9. Jahrg., S. 10.

Rathgen.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 375.
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