Gewinnungsarbeiten

[497] Gewinnungsarbeiten. Unter Gewinnen versteht der Bergmann das [497] Lösen der Mineralien und Gesteine aus dem natürlichen Zusammenhange; die Gewinnungsarbeiten werden von einer besonderen Arbeiterklasse, den Hauern oder Häuern, ausgeführt (die jüngeren Arbeiter unterscheidet man als Lehrhäuer von den älteren oder Vollhauern); hiernach heißen sie auch Häuerarbeiten.

Die Werkzeuge der Häuer nennt man Gezähe (von dem mittelhochdeutschen zauen, s.v.w. fertig machen, bereiten); der Stiel des Werkzeugs wird auch Helm genannt, das Befestigen des Stieles am Werkzeug heißt Beflecken. Bei denjenigen Werkzeugen, die aus einem Blatte bestehen, wie Spaten, Schaufel, Kratze, dient hierzu eine angeschmiedete, tutenförmige Tülle, beim Hammer die Durchbohrung, Oehr genannt. – In solchen Fällen, in denen die nutzbaren Mineralien im Gebirge in kleineren Mengen vorkommen, muß auch Gestein mit gewonnen werden, das in der bergmännischen Sprache Berg oder Berge (s.d.) genannt wird.

Der geringere oder größere Widerstand, den die Gesteine der Gewinnung entgegensetzen, hängt ab von der Härte des Gesteins, d.i. dem Widerstand, den das Gestein dem Eindringen der Gezähstücke entgegensetzt, und außerdem von der Gesteinsspannung, d.h. dem Zusammenhange des Gesteins im großen. Nach dem Grade der Gewinnbarkeit unterscheidet man nach Werner folgende Zustände des Gesteins:

1. Rolliges Gestein, die einzelnen Bestandteile haben nur wenig Zusammenhang, die Massen kommen leicht in Bewegung, z.B. Sand, Gerölle. 2. Mildes Gestein, das sind die weicheren Gesteine, z.B. manche Braunkohlen, die Tone (der Gegensatz ist fest). 3. Gebräche Gesteine, härtere, jedoch klüftige Massen, die sich noch leicht gewinnen (brechen) lassen (der Gegensatz ist ganzes oder geschlossenes Gestein), z.B. manche Sandsteine, Steinkohle. Die meisten Gesteine sind infolge der Verwitterung an der Oberfläche gebräch. 4. Feste Gesteine, z.B. Kalkstein, Tonschiefer, Granit. 5. Sehr feste Gesteine, z.B. Quarz, Schwefelkies. – Außerdem kann man noch seine Sande mit viel Wasser, den Schwimmsand, Triebsand oder Fließsand mit Rücksicht auf die Gewinnung als besonderes Gestein betrachten und die in Wasser leicht löslichen Gesteine, die Salze.

Je nach der Gesteinsbeschaffenheit sind auch die zur Anwendung kommenden Werkzeuge verschieden; man unterscheidet sieben Gewinnungsarbeiten:

1. Die Wegfüllarbeit für rollige Massen und zur Uebergabe der bereits durch eine andre Arbeit gewonnenen Massen an die Förderung; 2. die Keilhauenarbeit für milde Gesteine; 3. die Hereintreibe- oder Keilarbeit für gebräche Gesteine; 4. die Schlägel- und Eisenarbeit; 5. die Sprengarbeit (s. Sprengtechnik) und 6. das Feuersetzen für die festen und sehr festen Gesteine; 7. die Gewinnung mit Hilfe des Wassers für rollige Massen und lösliche Gesteine.

Die Gewinnungsarbeiten können als reine Handarbeiten, zum Teil aber auch als Maschinenarbeit ausgeführt werden, und zwar die Wegfüllarbeit durch die Bagger, die Keilhauenarbeit durch die Schrämmaschinen, die Hereintreibearbeit durch die Keilapparate, die Herstellung der Bohrlöcher für die Sprengarbeit durch die Gesteinsbohrmaschinen; auch gibt es maschinelle Einrichtungen, die sich an diejenigen für den Tunnelbau anlehnen, zum Herstellen von ganzen Strecken (s. Grubenbaue) die Streckenbohrmaschinen; s. auch die betreffenden Einzelartikel.

Treptow.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 497-498.
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