Bahnsen

[275] Bahnsen, Julius Friedrich August, Philosoph, geb. 30. März 1830 zu Tondern in Schleswig-Holstein, gest. 6. Dez. 1881 in Lauenburg, studierte seit 1847 in Kiel Philosophie und Philologie, kämpfte als Freiwilliger 1849 gegen die Dänen, flüchtete infolge der Entwaffnung der schleswig-holsteinischen Armee nach Tübingen, wurde 1858 Lehrer am Gymnasium zu Anklam und 1862 am Progymnasium zu Lauenburg in Pommern. B. hat als Jünger und Fortbildner Schopenhauers im Gegensatze zu E. v. Hartmann eine Verbindung desselben mit dem Individualismus versucht. Wie bei Schopenhauer ist zwar nach B. der blinde und vernunftlose Wille das einzige Reale, jedoch nicht so, daß er in den vielen (nur scheinbaren) Individuen derselbe, sondern so, daß er ebenso vielfach wie die vielen wirklichen Individualitäten ist, deren (unveränderliches) Wesen in deren (unveränderlicher) Willensnatur, in ihrem intelligibeln Charakter besteht. Dieser charakterologischen Seite seiner Lehre sind Bahnsens »Beiträge zur Charakterologie« (Leipz. 1867, 2 Bde.), die Abhandlung »Zum Verhältnis zwischen Willen und Motiv« (Stolp 1870) und die »Mosaiken und Silhouetten« (Leipz. 1877) gewidmet. Da nun das Wesen des unvernünftigen Willens im Widerspruch besteht, so muß nicht nur in der realen Welt fortwährender Kampf stattfinden, sondern auch in jedem Individuum. Das Gesetz dieser Welt ist daher eine tragische Weltordnung. Bahnsens Hauptwerk ist: »Der Widerspruch im Wissen und Wesen der Welt« (Berl. 1880–82, 2 Bde.). Vgl. E. v. Hartmanns Aufsatz: »Ein Jünger Schopenhauers« (in »Unsre Zeit«, 1876).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 275.
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