Benoît

[639] Benoît (spr. bönūá), 1) altfranz. Dichter des 12. Jahrh., Verfasser der »Chronique des ducs de Normandie«, die bis 1135 reicht, 42,310 achtsilbige Verse zählt und von Michel (Par. 1836–44, 3 Bde.) herausgegeben ist. B. wurde mit der Abfassung der Chronik um 1170 von Heinrich II. von England betraut, den die etwas trockne Darstellung Waces nicht befriedigt hatte. Als Hauptquellen benutzte B. die lateinischen Chroniken des Dudo von St.-Quentin und des Wilhelm von Jumièges. B. ist ohne Zweifel identisch mit B. de Sainte-More (wahrscheinlich Sainte-Maure im Depart. Indre-et-Loire), dem Verfasser des »Roman de Troie« (hrsg. von Joly, Par. 1869–71, 2 Bde.), der etwas älter zu sein scheint als die Chronik. Hauptquellen waren die lateinischen Texte, die man als »Dictys« und »Dares« bezeichnet, besonders der letztere. Dieser Roman ist in fast alle Sprachen des Abendlandes, selbst ins Mittelgriechische, übertragen worden. Ins Lateinische übersetzte ihn 1287 Guido von Colonna, Richter in Messina. Er war die einzige Quelle der mittelhochdeutschen Bearbeitung Herborts von Fritzlar, die Hauptquelle derjenigen Konrads von Würzburg. Auf freier Erfindung Benoîts scheint die Liebesepisode von Troilus und Briseïs zu beruhen, die durch die Bearbeitungen Boccaccios (im »Filostrato«), Chaucers und Shakespeares berühmt ist.

2) Peter, belg. Komponist, geb. 17. Aug. 1834 zu Harlebeke in Flandern, gest. 8. März 1901 in Antwerpen, war Schüler des Konservatoriums zu Brüssel, wurde 1856 Kapellmeister des Parktheaters daselbst und errang 1857 mit der Kantate »Die Tötung Abels« den großen Staatspreis, den er zu umfassenden Studienreisen in Deutschland benutzte. Nachdem er über Paris, wohin er sich 1861 begab, in sein Vaterland zurückgekehrt war, trat er mit mehreren Schriften für die flämische nationale Bewegung auf musikalischem Gebiete ein. 1867 wurde er zum Direktor des Konservatoriums zu Antwerpen ernannt. Seine Hauptkompositionen sind die großen Chorwerke: »Der Krieg« (de Oorlog), »Die Schelde«, »Rubens-Kantate«, »Hucbald«, »Der Rhein«, »Antwerpen« u. a., ein Tedeum, eine Messe und ein Requiem, mehrere Oratorien (»Luzifer«, »Drama Christi«), ein Klavierkonzert, Szenen für Solostimmen mit Chor und Orchester, mehrere kleine flämische Opern, Schauspielmusiken (»Charlotte Corday«, »Wilhelm von Oranien«), Lieder etc.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 639.
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