Chester

[11] Chester (spr. tscheßter), 1) Stadt (city) und Grafschaft im westlichen England, auf felsiger Anhöhe am schiffbaren Dee, 12 km oberhalb dessen Einmündung in sein seichtes Ästuarium. C. war römisches Castrum (s. unten); der alte, 4–12 m hohe römische Wall aus rotem Sandstein bildet jetzt einen 2350 m langen Spaziergang rings um die Stadt. Die sich rechtwinkelig schneidenden Straßen sind in den Felsen eingehauen und haben teilweise auf beiden Seiten fortlaufende Galerien oder »rows«, zu denen man auf Stufen hinaufsteigt. Über den Fluß führen eine alte Brücke von sieben Bogen und die neue Grosvenorbrücke in einem Bogen von 60 m Spannung. Von merkwürdigen Gebäuden sind zu erwähnen: die Kathedrale, ein roter Sandsteinbau im normännischen und gotischen Stil, teilweise noch aus dem 12. Jahrh., 1876 von G. Scott restauriert; die Werburghabtei, die schon vor 700 Jahren eine der reichsten Englands war; die jetzt z. T. verfallene Kirche Johannis des Täufers aus dem 11. Jahrh., außerhalb der Stadtmauern. Von dem alten, von Wilhelm dem Eroberer erbauten Schloß ist nur ein viereckiger Turm (Cäsar's Tower) erhalten. An seiner Stelle steht jetzt eine Gruppe neuer Gebäude, die als Gerichtshof, Gefängnis und Kasernen dienen. Unter den neuera Bauwerken sind am bedeutendsten das Stadthaus, die in Form einer Kapelle erbaute Musikhalle, das Grosvenor-Museum (mit römischen Altertümern), das Hauptpostamt und die Kunstschule. Die Bevölkerung zählte 1901: 36,281 Seelen. C. hat einen nur für Küstenfahrer zugänglichen Hafen und ist durch den Ellesmerekanal mit Ellesmere Portam Mersey verbunden. Von Bedeutung ist die Schuhfabrikation und der Küstenhandel mit Käse, Salz, Kohlen, Blei und irischer Leinwand. C. ist Sitz eines anglikanischen Bischofs, hat ein Lehrerseminar und eine Lateinschule (King's School). Außerhalb der Mauern liegt die berühmte Rennbahn Roodee; 6 km südlich von der Stadt Eaton Hall, der prächtige, 1878–84 von Waterhouse vollständig umgebaute Landsitz des Herzogs von Westminster. Rowton Moor (Schlacht 1645) liegt südöstlich. – C. hieß zur Zeit der Römer Deva (von dem Deefluß) und war Standquartier der 20. Legion. An das römische Castrum erinnert der heutige Name der Stadt, und Spuren der alten Befestigungen und andre römische Altertümer zeugen von ihrer einstigen Bedeutung. Nach der Eroberung durch die Normannen wurde C. die Hauptstadt einer Grafschaft, die 1237 für die Krone eingezogen wurde. Später war C. Hauptfestung gegen Wales; während des Bürgerkrieges war es Hauptstützpunkt der Royalisten und ergab sich erst nach langer Belagerung 1646 der Parlamentsarmee. Vgl. Hemingway, History of the city of C. (Chester 1831, 2 Bde.); Fenwick, History of the ancient city of C. (Lond. 1896). – 2) Stadt in Pennsylvanien, Grafschaft Delaware, am Delaware, 20 km unterhalb Philadelphia, mit theologischem Seminar, Schiffswerften, Woll- und Baumwollfabriken und (1900) 33,988 Einw. C. ist die älteste Ansiedelung in Pennsylvanien, wurde 1643 von Schweden gegründet und hieß zuerst Upland.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 11.
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