Chrysostŏmos

[138] Chrysostŏmos (griech., »Goldmund«), 1) Johannes, Patriarch von Konstantinopel, einer der berühmtesten Kirchenväter und Redner, geb. 344 (347) in Antiochia, wurde nach dem Tode seines Vaters Secundus von seiner frommen Mutter Anthusa trefflich erzogen und von dem berühmten heidnischen Rhetor Libanius unterrichtet, empfing um 369 die Dause und unterwarf sich in der Nähe von Antiochia schweren Kasteiungen, bis ihn eine Krankheit 381 zur Rückkehr nach Antiochia nötigte. Hier zum Diakonus und 386 zum Presbyter geweiht, entwickelte er ein seltenes Rednertalent. 398 berief ihn Kaiser Arkadius zum Bischof der Hauptstadt. Die Strenge seiner Forderungen zog ihm in den höhern Klassen zahlreiche Feinde und eine Anklage wegen Lästerung der Kaiserin Eudoxia und wegen Verschleuderung von Kirchengütern zu. Von einer bei dem kaiserlichen Landgut »Zur Ciche« (daher die Synode ad quercum genannt) in der Nähe von Chalcedon abgehaltenen Versammlung von Bischöfen unter dem Vorsitz des Theophilus von Alexandria, seines erbittertsten Gegners, ward er abgesetzt und vom Kaiser verbannt, aber auf einstimmige Forderung seiner Gemeinde bald wieder zurückgerufen. Neue Ausfälle gegen die Kaiserin hatten schon 404 seine abermalige Verbannung zur Folge, zuerst nach Nikäa, dann nach Kaukasus im Taurus und zuletzt nach Pityus am östlichen Ufer des Schwarzen Meeres. Auf der Reise dahin starb er zu Komana in Pontus 14. Sept. 407. Der Name C. ward ihm erst nach seinem Tode beigelegt und sollte die Fülle seiner Beredsamkeit bezeichnen. Das Volk nannte ihn »Johannes den Almosenspender«. Die griechische Kirche feiert sein Gedächtnis 13. Nov., die römische 27. Jan. Den Charakter des C. zeichnet ein streng sittlicher, mit Liebe gepaarter Ernst aus, der sich ein Denkmal gesetzt hat in der Schrift »Über den Priesterstand«. Im großen und ganzen legt C. in seinen Predigten und Homilien, die sich fast über das ganze Alte und Neue Testament erstrecken, die Bibel auf eine ungezwungene Weise aus und weiß sie auch mit großer Meisterschaft fruchtbar anzuwenden. Die beste Ausgabe seiner Werke lieferte Montfaucon (Par. 1718–38, 13 Bde.; Par. u. Leipz. 1834–40); ausgewählte Schriften erschienen übersetzt unter anderm in der Kemptener Bibliothek der Kirchenväter (1869 bis 1884, 10 Bde.). Vgl. Neander, I. Chrysostomos (3. Aufl., Berl. 1848); Böhringer, Die Kirche Christi und ihre Zeugen, Bd. 9 (2. Aufl., Stuttg. 1876); Puech, St. Jean Chrysostome et les mœurs de son temps (Par. 1891).

2) Griech. Redner, s. Dion Chrysostomos.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 138.
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