Comines [2]

[242] Comines (spr. -mīn', Cominäus), Philippe de la Clite de, Sieur d'Argenton, franz. Staatsmann und Geschichtschreiber, geb. 1445 aus adligem Geschlecht auf dem Schloß C. in Flandern, gest. 17. Okt. 1509 in Argenton, kam jung an den Hof Philipps des Gütigen von Burgund, ward der Vertraute Karls des Kühnen und leistete diesem wesentliche Dienste, war z. B. Vermittler des Friedens, als Karl den König Ludwig XI. von Frankreich in Péronne gefangen genommen hatte. 1472 trat er in den Dienst Ludwigs XI. von Frankreich über, der ihm seine volle Gunst und ein bei ihm seltenes Vertrauen schenkte, ihn für den Verlust seiner von Karl dem Kühnen eingezogenen Güter glänzend entschädigte, zum Seneschall von Poitou erhob und zu wichtigen Staatsgeschäften gebrauchte. Als Karl VIII. den Thron bestieg, wurde C. wegen verräterischen Einverständnisses mit dem Herzog von Orléans 1486 verhaftet, im Schloß Loches in Berry 8 Monate in einem eisernen Käfig, dann noch 3 Jahre in Paris gefangen gehalten und endlich mit Verlust eines Teiles seiner Güter auf 10 Jahre vom Hofe verbannt. Doch trat er nach einiger Zeit, nachdem er seine Unschuld bewiesen, in seine frühere Stellung zurück. Auch bei Ludwig XII., dem er als Herzog von Orléans Dienste erwiesen hatte, stand er in hohem Ansehen. Seine »Memoiren über die Regierung und das Leben Ludwigs XI. und Karls VIII. von 1464–1498« (1. Ausg., Par. 1524; die besten Ausgaben von Lenglet Dufresnoy, Lond. u. Par. 1747, 4 Bde.; Dupont, Par. 1840–47, 3 Bde., und de Mandrot, das. 1902ff.; fast in alle Sprachen übersetzt) sind die wichtigste Geschichtsquelle über die letzten Jahrzehnte des 15. Jahrh. Seine Darstellung ist kühl und ruhig, aber wahrheitsgetreu, obwohl seine Sympathien für Ludwig XI., dessen staatsmännische Bedeutung er bewundert, deutlich hervortreten. In seinen politischen Anschauungen ist C. ein Vorgänger Machiavellis: Vorteil und Erfolg sind das erste, die Moral muß zurücktreten. Vgl. Kervyn de Lettenhove, Lettres et négociations de Philippe de C. (Brüssel 1867).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 242.
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