Eisernes Tor

[569] Eisernes Tor (türk. Demirkapu), Name mehrerer Engpässe im südöstlichen Europa und im Orient. Die bekanntesten sind: 1) Der Eiserne Tor-Paß im südwestlichen siebenbürgischen Grenzgebirge (im ungarischen Komitat Hunyad), der, 656 m hoch, zwischen der Pojana Ruska (1359 m) und der Vurfu Piatra oder Petru (2195 m) ins Bisztratal führt. Er hieß bei den Römern Pons Augusti, im Mittelalter Porta Vaczil und war ehedem durch ein eisernes Tor geschlossen. Zum Andenken an den Sieg Johann Hunyadis 1442 über die Türken wurde 1896 daselbst eine Siegessäule errichtet. – 2) Donaufelsenenge unterhalb Orsova (zwischen Verciorova und Sip), bekannt durch die den 670–1130 m breiten [569] Strom in einer Länge von 3 km schräg durchquerende Felsbank Prigrada, die, 250 m breit und bei Niederwasser 1,5–5,5 m hoch emporragend, mit ihren unzähligen Felsklippen das größte Schiffahrtshindernis auf der untern Donau bildet. E. T. wird aber auch die 132 km lange, wildromantische Donaustrecke von Baziás an bis Sip genannt, weil oberhalb Orsova gleichfalls zahlreiche kolossale Felsbänke, Wirbel und Katarakte sowie die Untiefen des Kazanpasses (s. d.) den Schiffsverkehr seit jeher in hohem Maße hemmen. Die bedeutendsten Hindernisse dieser oberhalb Orsova liegenden Flußenge, auch Klissura genannt (s. Donau, S. 108), die den Strom wiederholt von einer Breite von 1300 m plötzlich auf 600–300 m, ja im Kazanpaß durch steile Felswände sogar auf 170 m zusammendrängt, sind außer dem eigentlichen Eisernen Tor folgende: die Felsbänke und Katarakte Stenka, Drenkova, Kozla-Dojke, Izlaz-Tachtalia-Greben (nach dem Eisernen Tor die gefährlichsten) und Jucz sowie der Kazanpaß. Von 275 Verkehrstagen war diese Strecke für Dampfer mit 150 cm Tiefgang 1840–80 jährlich im Durchschnitt, an 117 Tagen unfahrbar, seit 1881 hingegen jährlich an 167–260 Tagen. Daß es schon zu Römerzeiten an Versuchen zur Ermöglichung des Verkehrs nicht fehlte, beweisen die Spuren des 3 km langen Schiffskanals im eigentlichen Eisernen Tor und die berühmte Trajansstraße am rechten Kazanufer. Ungarn veranlaßte schon 1816 eingehende Studien zur Regulierung der untern Donau, ließ auf Széchenyis Anregung Sprengungen vornehmen und 1834–37 die kunstvolle Széchenyistraße am linken Donauufer erbauen. Die eigentliche Regulierung unternahm Ungarn jedoch auf Grund der Bestimmungen des Berliner Kongresses von 1878 in den Jahren 1890–96 mit einem Kostenaufwand von 45 Mill. Kronen. Nach den Plänen Wallandts wurde einerseits die Stromgeschwindigkeit im Bereich der Katarakte gemäßigt und die Wasserrinne durch Sprengungen (so besonders beim Berg Greben) vertieft, anderseits zur Erhöhung des Wasserspiegels das Flußbett durch Dämme eingeengt. Heute beträgt die Breite des Fahrwassers 60 m, die Sohlentiefe 3 m. Durch das eigentliche Eiserne Tor wurde zur Umgehung der Felsenbank Prigrada (s. oben) längs des serbischen Ufers ein 2,5 km langer Kanal erbaut, den auch Schiffe von 1500 Ton. Gehalt passieren können. Um den Schleppdampfern die Bergfahrt von Sip 4 km aufwärts zu erleichtern, wurde 1899 ein starkes Drahtseilschiff in Betrieb gesetzt. 1902 betrug die Zahl der beladenen Schleppschiffe 780, das Gewicht der abwärts beförderten Waren 1,236,000, das der aufwärts beförderten Waren 1,384,000 Ton. Vgl. Kanitz in den »Mitteilungen der k. k. Geographischen Gesellschaft zu Wien« (1874); Stefanović, Die Felsengen des Kazan und die Donau- und Theißregulierung (Wien 1879); B. Gonda, Die Regulierung des Eisernen Tores (Budap. 1896); Rupčič, Die Felsensprengungen unter Wasser in der Donaustrecke Stenka-E. T. (Braunschw. 1897); Al. Hoszpotzky, Die Regulierungsarbeiten im Eisernen Tor (Verhandlungen des 4. internationalen Kongresses für Binnenschiffahrt, 1899); J. T. Ghica, Les droits de péage aux Portes de Fer (Par. 1899); D. Sturdza, La question des Portes de Fer (Berl. 1899). – 3) Küstenpaß zwischen dem Ostende des Kaukasus und dem Kaspischen Meer, bei der Stadt Derbent, früher Albanische Pforte genannt, Ausgangspunkt der Kaukasischen Mauer (s. d.). – 4) Berg, s. Wiener Wald und Baden 2), S. 257.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 569-570.
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