Fingerabdrücke

[576] Fingerabdrücke, Abdrücke der an den Fingerspitzen sichtbaren Linien in der Haut. Diese Linien (Tastwärzchenlinien) bilden Figuren (Tastfiguren, Tastrosetten), die individuell durchaus verschieden und dabei bei derselben Person in Jahrzehnte umfassenden Zeiträumen unveränderlich sind. In China und andern orientalischen Ländern benutzt man F. seit uralter Zeit zum Unterzeichnen von Pässen, Schuldscheinen und andern Urkunden (Finger- oder Handmarken); schon in dem altchinesischen Gesetzbuch von Yung-Hwui aus dem 7. Jahrh. v. Chr. soll diese Art der Beurkundung vorgeschrieben sein, and unter König Açoka dienten in Indien Fußabdrücke denselben Zwecken. In neuester Zeit scheint man zuerst in Indien bei gerichtlichen Verfahren F. zur Feststellung der Identität benutzt zu haben, und das von Sir W. Herschell gesammelte Material hat Galton benutzt, um die Grundlage für diesen Zweig der Forschung zu schaffen und die Methode weiter auszubauen. Er hat Typen von Fingerabdrücken in Klassen eingeteilt und nachgewiesen, daß die Einzelheiten der Furchen, die den Typus bestimmen, während der ganzen Lebenszeit des Menschen unverändert bleiben. Eine Kommission der indischen Regierung kam zu dem Ergebnis, daß Galtons System der Daktyloskopie dem Bertillonschen (s.d.) wegen seiner Einfachheit, Billigkeit, Schnelligkeit und Zuverlässigkeit vorzuziehen sei, und infolge dieses Berichtes ist die Methode, Verbrecher durch F. zu identifizieren, in einem großen Teil Indiens eingeführt worden. Abdrücke blutiger Hände und Füße haben oft schon gewichtige Anhaltspunkte für die Ermittelung eines Verbrechers gegeben. Forgeot hat sich bemüht, auch die latenten Spuren nackter Füße und Hände an Holz, Glasscheiben, Tapeten etc. für die Vergleichung sichtbar zu machen und eine zweiprozentige Silberlösung für den Nachweis der Fußspuren, Jod, Tinte für Fingerspuren, Osmiumsäure, Fluorwasserstoffsäure für Fingerspuren am Glase geeignet gefunden. Paul wendete Farbstoffpulver und namentlich gepulvertes übermangansaures Kali mit Erfolg an. Man verwendet die F. zur Identifizierung von Personen auch in England, Wien und Dresden und es scheint, als werde das Verfahren in nächster Zeit weitere Verbreitung finden. Vgl. Galton, Finger prints (Lond. 1892), dazu Nachtrag: Decipherment of blured finger (das. 1893); Derselbe, Finger-print directories (1895).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 576.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: