Gens [1]

[578] Gens (lat.), die Genossenschaft derer, die durch gemeinsame Abstammung miteinander verbunden sind. Zu Rom bildeten die Gentes die Unterabteilungen der Kurien und den eigentlichen Stamm des römischen Volkes; an sie, die Patres oder Patricii, schloß sich der übrige Teil der Bewohnerschaft Roms als Hörige oder Klienten an. Nachdem sich aber durch die Unterwerfung zahlreicher benachbarter Städte ein neuer Stand, der der Plebejer, gebildet hatte, und nachdem dieser zum Range von Staatsbürgern emporgehoben worden war, traten auch unter den Plebejern Gentes hervor, wiewohl man diese nicht mehr wie die frühern als eine Unterabteilung der Kurien anzusehen hat. Daher erkannten auch die Patrizier diese neuern Gentes nicht als ebenbürtig an. Die Genossen einer G hießen Gentiles und ihr Verhältnis zueinander Gentilität. Das Zeichen, daß man einer G. angehöre, war das Nomen (d. h. Kennzeichen) gentilicium, der Geschlechtsname (der immer mit-ins endigt), z. B. Fabricius, Valerius, Claudius etc., während innerhalb der G. das Pränomen, der Vorname, die einzelnen Individuen schied. Ferner aber spalteten sich die Gentes meist in Familien, die zu ihrer Unterscheidung noch einen besondern Beinamen (cognomen) führten, der dem Nomen gentile als dritter Name nachgesetzt wurde. So war z. B. Scipio Beiname der Cornelier, Piso der Calpurnier etc. Mit der Gentilität waren auch gewisse Rechte und Pflichten (jura gentium oder gentilitalis) verbunden, unter denen hervorzuheben sind: die Teilnahme an den gemeinsamen jährlich wiederkehrenden Opfern (sacra gentilicia oder, im Gegensatz zu denen des Staates, sacra privata genannt), das Erbrecht der Gentilen, wenn einer derselben ohne Angehörige und ohne Testament starb, und die Vormundschaft über Verschwender und Geisteskranke. Die Gentilität ging verloren durch Capitis deminutio (s.d.) und wurde verändert durch Arrogation und Adoption (s. Annahme an Kindes Statt), d. h. den Übertritt aus einer G. in eine andre. Unter den Kaisern verlor die Gentilität ihre Bedeutung.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 578.
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