Gevaert

[773] Gevaert (spr. -wārt), François Auguste, Komponist und Musikschriftsteller, geb. 31. Juli 1828 in Huysse bei Oudenaarde, studierte am Konservatorium zu Gent, wo er die ersten Preise der Harmonie und des Kontrapunktes davontrug, und erhielt 1847 vom Brüsseler Konservatorium auch den römischen Preis zuerkannt. Nachdem er zuvor in Gent die dreiaktige Oper »Hugues de Zomerghem« und die einaktige komische Oper »Comédie à la ville« zur Ausführung gebracht, bereiste er von 1849 an Frankreich, Italien, Spanien und Deutschland und ließ sich 1853 in Paris nieder. Hier brachte er zunächst die komische Operette »Georgette«, dann 1854 die dreiaktige, durch Melodienreichtum und gediegene Arbeit ausgezeichnete Oper »Le billet de Marguerite« mit großem Beifall auf die Bühne, denen später noch »Les lavandières de Santarem« (1856), »Quentin Durward« (1857), »Le diable an moulin« (1859), »Château-Trompette« (1860) sowie zwei komische Einakter und »Capitaine Henriot« (1864) folgten. 1867 wurde er zum Musikdirektor an der Großen Oper ernannt, 1871 als Nachfolger Fétis' Direktor des Konservatoriums zu Brüssel und königlicher Hofkapellmeister, Mitglied der Akademie etc. und hat seither eine sehr bedeutsame Tätigkeit als musikalischer Geschichtsforscher entfaltet. Seine »Histoire et théorie de la musique de l'antiquité« (Gent 1875–81, 2 Bde.) ist ein an selbständigen Forschungen reiches, wertvolles Werk; eine Fortsetzung und Ergänzung derselben bildet »La mélopée antique dans le chant de l'Église latine« (Gent 1895), in der die bereits mit der Broschüre »Les origines du chant liturgique del'église latine« (1890; deutsch von H. Riemann, Leipz. 1891) aufgestellten neue Ansichten über den Ursprung des »gregorianischen Gesangs« weiter motiviert werden. Mit C. Vollgraff gab er die aristotelischen Probleme über die Musik mit Kommentar heraus (2 Teile u. Suppl., Gent 1899 bis 1901). G. hat auch einen »Traité général d'instrumentation« (Gent 1864) geschrieben, der 1886 in umgearbeiteter Gestalt zu Paris als »Nouveau traité d'instrumentation« erschien, die beste Instrumentationslehre der Neuzeit (deutsch von H. Riemann, Leipz. 1887); von dem sich anschließenden »Cours d'orchestration« erschien der 1. Teil 1890. Wertvoll sind auch Gevaerts Neuausgaben alter Gesangsmusik (»Les gloires d'Italie«, »Chansons du XV. siècle« u. a.). Von eignen Kompositionen Gevaerts sind noch zu erwähnen eine Totenmesse, einige KantatenJacques van Artevelde«), BalladenPhilipp van Artevelde«), »Supra flumina Babylonis« für Männerchor und Orchester u. a. 1895 wurde G. zum Mitgliede der Berliner Akademie der Künste ernannt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 773.
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