Glykokoll

[56] Glykokoll (Glyzīn, Leimsüß, Leimzucker, Amidoessigsäure, Aminoäthansäure) C2H5NO2 oder NH2.CH2.COOH entsteht beim Kochen von Eiweiß, Leim, Glykocholsäure oder Hippursäure mit Säuren oder Alkalien sowie beim Erwärmen von Monochloressigsäure mit Ammoniak und beim Einleiten von Cyan in kochende Jodwasserstoffsäure. Es bildet farb- und geruchlose, süß schmeckende, luftbeständige Kristalle, ist löslich in Wasser und Weingeist, schmilzt bei 232–236°, zersetzt sich bei weiterm Erhitzen, reagiert neutral, ist nicht gärungsfähig, färbt sich mit Eisenchlorid intensiv rot und vereinigt sich mit Basen, Säuren und Salzen. Das Kupfersalz (Glykokollkupfer) (C2H4NO2)2Cu+H2O kristallisiert aus der heißen Lösung von Kupferoxyd in G. in dunkelblauen Nadeln. Der Äthylester des Glykokolls NH2.CH2.COOC2H5 bildet mit salpetriger Säure Diazoessigsäureester. Methylglykokoll ist Sarkosin, Trimethylglykokoll ist Betaïn. Beim Schmelzen von Methylglykokoll mit Cyanamid entsteht Kreatin. G. bildet beim Erhitzen mit Baryt Methylamin und Kohlensäure, mit salpetriger Säure Glykolsäure, beim Schmelzen mit Harnstoff Harnsäure. G. ist im freien Zustand im Tierkörper nicht nachgewiesen worden; da aber Hippursäure normal im Harn vorkommt, da Benzoesäure, innerlich genommen, in jene Säure übergeht, da es sich endlich in der Galle in gepaarter Verbindung findet, so muß es im Tierkörper gebildet werden. Unter dem Namen Glyzin wird es als Entwickler in der Photographie benutzt.

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Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 56.
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