Benzoësäure

[644] Benzoësäure (Phenylameisensäure) C7H6O2 oder C6H5.COOH findet sich, vielfach begleitet von [644] Zimtsäure, im Benzoeharz, Drachenblut, Styrax, Peru- und Tolubalsam, Botanybaiharz, im gefaulten Harn grasfressender Tiere etc. Sie entsteht bei Oxydation von Bittermandelöl, Benzylalkohol, Benzol, Toluol etc., aus Hippursäure beim Kochen mit Säuren und Alkalien, aus Chinasäure bei trockner Destillation, aus Phthalsäure bei Destillation mit Kalkhydrat. B. wird durch Sublimation aus Benzoe gewonnen (Flores Benzoës, Benzoeblumen mit Spuren eines flüchtigen, vanilleartig riechenden Öles). Vorteilhafter kocht man Benzoe mit Kalkmilch und fällt aus der erhaltenen Lösung von benzoesaurem Kalk durch Salzsäure die B. Für technische Zwecke wird B. aus Hippursäure dargestellt, wobei 500 kg Rinder- oder Pferdejauche 1 kg B. liefern. Der Harn wird verdampft, filtriert und mit Salzsäure versetzt, wobei sich die Hippursäure C6H5.CO.NH.CH2.COOH unter Aufnahme von Wasser (H2O)in Glykokoll COOH.CH2.NH2 und B. spaltet. Aus Benzylchlorid erhält man B. durch Kochen mit verdünnter Salpetersäure, aus phthalsaurem Kalk durch Erhitzen mit Kalkhydrat auf 350°. Toluol (aus Steinkohlenteer) wird durch Chlor in Benzotrichlorid verwandelt und letzteres unter Druck durch Wasser zersetzt. B. bildet farb- und geruchlose Kristalle, schmeckt schwach, aber anhaltend sauer, löst sich in 640 T. kaltem, leichter in heißem Wasser, sehr leicht in Alkohol, auch in Äther, fetten und flüchtigen Ölen. Sie schmilzt bei 120°, siedet bei 250°, biidet aber schon bei niederer Temperatur Dämpfe, die zu Tränen und zum Husten reizen, sublimiert bei 100° und verflüchtigt sich auch mit Wasserdämpfen. B. zerfällt beim Erhitzen mit Kalk in Benzol und Kohlensäure und wird durch Erhitzen mit Zinkstaub und durch Natriumamalgam zu Benzaldehyd reduziert. Mit rauchender Salpetersäure bildet sie Nitrobenzoesäure, im tierischen Organismus verwandelt sie sich in Hippursäure (s. d.). Die benzoesauren Salze sind meist löslich und farblos. Das Natriumsalz NaC7H5O2 ist weiß, krümelig, schmeckt eigentümlich süßlich. Benzoesäureäthyläther (Benzoeäther) C7H5O2.C2H5, den man erhält, wenn man alkoholische Lösung von B. mit Salzsäuregas sättigt und den Äther durch Wasser abscheidet, ist eine farblose Flüssigkeit vom spez. Gew. 1,05, riecht angenehm, schmeckt stechend, löst sich in Alkohol und Äther, nicht in Wasser, siedet bei 213° und wird zu Fruchtäther benutzt. Benzoesäuremethyläther C7H5O2.CH3, aus Methylalkohol erhalten, siedet bei 199°, wird als Niobe-Essenz in der Parfümerie benutzt. B. dient zur Darstellung von Teerfarben und Tabaksaucen, in der Zeugdruckerei und zur Konservierung von Fetten. B. ist ein energischeres Bakteriengift als Salicylsäure und Karbolsäure. Sie setzt das Fieber gewisser Infektionskrankheiten herab und wird in Form des Natriumsalzes gegen Gelenkrheumatismus, außerdem zur Beförderung des Auswurfs bei chronischen Katarrhen der Atmungsorgane angewendet (nur die sublimierte B. aus Benzoeharz). Auf Tiere wirkt B. in größern Dosen giftig, 0,2 Proz. des Körpergewichts tötet Tiere durch Lähmung der Nervenzentren. B. wurde im Anfang des 17. Jahrh. aus Benzoe gewonnen, und 1832 ermittelten Liebig und Wöhler ihre Zusammensetzung und die einfachsten Umwandlungsprodukte, 1834 erhielt Mitscherlich aus der B. das Benzol.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 644-645.
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